Börsen-Zeitung: Kartentricks, Kommentar zu Interbankenentgelten von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
Das Thema klingt ausgesprochen trocken: Interbankenentgelte bei Kartenzahlungen. Aber die Debatte darüber, die in Brüssel darüber tobt, ist emotional so aufgeladen wie sonst allenfalls Glühlampenverbote. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass die Gebühren ein echter Aufreger sind, so lieferte ihn EU-Kommissar Michel Barnier, der sich schnappatmend über die "Kampagne" von Mastercard entrüstete - und über gestreute "Fehlinformationen".
Das ist deshalb starker Tobak, weil sich die EU-Kommission selbst mit vermeintlich sachlichen Angaben, etwa bei Folgenabschätzungen, weit aus dem Fenster lehnt. Denn natürlich lässt sich trefflich streiten, ob der Handel tatsächlich große Teile der in Brüssel kalkulierten 6 Mrd. Euro an die Verbraucher weiterreicht, indem er die Preise seiner Waren senkt. Und selbstverständlich ist es recht mutig, den Konsumenten zu versichern, dass es sich Banken gar nicht werden leisten können, die jährlichen Nutzungsgebühren für Kreditkarten anzuheben, um sich das wiederzuholen, was ihnen entgeht, falls die Interbankenentgelte tatsächlich limitiert werden.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Prognosen der Kartenbranche, die "allen" Kunden unterm Strich erheblich höhere Ausgaben prophezeit, sobald Interbankenentgelte gedeckelt werden, sind genauso zweifelhaft. Schon deshalb, weil sie nicht zwischen den Kunden differenzieren, die Karten nutzen, und denen, die bar zahlen (und durch höhere Jahresgebühren keine Nachteile hätten). Ohnehin konnte man zuletzt den Eindruck gewinnen, als seien bei diesem Thema Beamte und Lobbyisten am Werk, die jede Menge Tricks und Kunststücke auf Lager haben, um das Publikum wahlweise vom großen Nutzen oder gigantischen Schaden der EU-Vorschläge zu überzeugen.
Die EU-Behörde muss sich vorwerfen lassen, dass ihr Vorschlag einige Fragen aufwirft (etwa wegen der unterschiedlichen Behandlung von Mastercard/Visa und American Express/Diners). Und dass er keine überzeugende Antwort darauf gibt, warum Erfahrungen in Spanien oder Australien nicht so recht zu den Vorhersagen für die EU passen. Die Kartenbranche und die Banken wiederum haben sich teilweise selbst zuzuschreiben, dass sie die EU-Beamten zu einer recht drastischen Maßnahme wie dem Gebührendeckel provozieren. Denn sie selbst haben zu wenig getan, um die Transparenz der Zahlvorgänge und der Kosten zu erhöhen - und sie waren, wenn man den Eurokraten glaubt, auch bei der Anpassung der inländischen Entgelte nicht eben gesprächsbereit.
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