Börsen-Zeitung: Erheblicher Schaden, Kommentar zur Insolvenz von Windreich und deren Auswirkungen auf Mittelstandsanleihen, von Kai Johannsen.
Frankfurt (ots)
Wie heißt es doch gleich: Das ist ein Satz mit X - das war wohl nix. Damit ist die Angelegenheit rund um das Windenergieprojekt des Windreich-Gründers und -Chefs Willi Balz allzu trefflich beschrieben. Außer Ankündigungen, Versprechungen und immer neuen Beteuerungen, dass alles schon laufen wird, hat am Ende überhaupt nichts funktioniert. Nun ist sie da die Insolvenz, die viele im Markt haben kommen sehen, die aber immer wieder als Miesmacher und Neider abgetan wurden. Natürlich gehört zu jedem Unternehmer eine Vision und zu der Vision mitunter auch ein sehr weiter weg bis zur Realität. Aber zur Vision gehört auch eine Vorstellung von der Antwort auf die Frage, wie die Realisierung erfolgen soll. Davon war Windreich offenbar weit entfernt.
Schaden wurde verursacht, und zwar ein ganz erheblicher. Da sind zuerst die Anleihebesitzer zu nennen. Vor der Handelsaussetzung notierten die beiden Windreich-Papiere noch bei rund der Hälfte des Nennwerts. Gewiss, das liegt über den bisherigen Tiefstkursen. Aber es bleibt auch noch abzuwarten, wo die Reise in den kommenden Tagen hingeht, wenn wieder gehandelt wird. Die Anleger sollten sich nicht gerade auf ein Kursfeuerwerk einstellen.
Schaden wurde aber auch dem gesamten Segment der Mittelstandsanleihen zugefügt. Mittelstand - mit diesem Wort verbindet nicht nur Otto Normalanleger, und das sind zumeist die Käufer der Mittelstandsanleihen, etwas Grundsolides. Denn das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind nicht etwa die Großkonzerne aus der Dax-Riege, sondern die mittelständischen Betriebe. Da hat so mancher den seit Jahrzehnten gut geführten Familienbetrieb vor Augen, für den kaufmännische Grundsätze noch Wert haben. Mittelstand wird dann mit Anleihe kombiniert, also ein festverzinsliches Wertpapier. Da suggeriert doch schon das Wort "festverzinslich" Sicherheit. Aber so lapidar es auch klingen mag: Der Zins ist eben erst verdient, wenn das Unternehmen ihn überwiesen hat. Außerdem muss auch noch das eingesetzte Kapital zurückgezahlt werden, damit unterm Strich kein Minus resultiert. Bei Mittelstandsanleihen ist das nicht immer der Fall.
Geschädigt sind neben den Anlegern gerade die grundsoliden Mittelständler, die die Anleihe so dringend als Refinanzierungsinstrument neben dem klassischen Bankkredit brauchen. Sie bekommen die Konsequenzen zu spüren, wenn nicht kapitalmarktreife Unternehmen Luftnummern zu Geschäftsmodellen erheben und damit das Geld und Vertrauen der Anleger verspielen. Zurückhaltung wird die Folge sein.
(Börsen-Zeitung, 11.9.2013)
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