Börsen-Zeitung: Rohstoffe enttäuschen, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Auch das Jahr 2013 wird den Akteuren an den Rohstoffmärkten als Enttäuschung in Erinnerung bleiben. Gemessen am Sammelindex S&P GSCI sind die Rohstoffpreise seit Ende 2012 um 2% gesunken. Bereinigt um das sehr hoch gewichtete Energiesegment, das leicht zulegte, ergibt sich ein noch trostloseres Bild. Um 5% ist der S&P GSCI Reduced Energy gesunken. Der Grund: Die übrigen Segmente haben zum Teil sehr empfindliche Einbußen erlitten, darunter die Industriemetalle (-14%) und die landwirtschaftlichen Rohstoffe (-16%), vor allem aber die Edelmetalle, deren Teilindex um 28,5% abgesackt ist. Der Superzyklus, also die spektakuläre Aufwärtsbewegung der Rohstoffpreise seit der Jahrtausendwende, ist beendet, und es erscheint fraglich, ob der Markt in absehbarer Zeit wieder an die sehr guten Vorjahre anknüpfen kann.
Zwiespältige Aussichten
Legt man das makroökonomische Umfeld zugrunde, sehen die Aussichten für die Rohstoffmärkte zumindest für das nächste Jahr insgesamt nicht unbedingt berauschend aus, sondern eher zwiespältig. Die Beschleunigung der Weltwirtschaft, so sie wie erwartet eintritt, wird im Prinzip nachfrage- und preisstützend wirken. Allerdings stellt sich, wie beispielsweise die Rohstoffexperten von Barclays betonen, das Problem, dass die Entwicklung in intensiv Rohstoffe konsumierenden Volkswirtschaften wie China, Indien und Brasilien noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Hinzu kommt als weiterer potenzieller Belastungsfaktor der bevorstehende Beginn des Ausstiegs der amerikanischen Notenbank Federal Reserve aus der ultralockeren Geldpolitik.
Im Zusammenspiel mit einem höheren US-Wachstum droht die "Tapering" genannte Reduzierung der Anleihekäufe der Fed durch eine Befestigung des Dollar die Underperformance der Rohstoffe aufrechtzuerhalten, wie die Deutsche Bank befürchtet. Vor allem für den Goldpreis gehen dem Institut zufolge davon Risiken aus, aber auch für den Ölpreis. Auch Barclays sieht eine Befestigung des Dollar als Belastungsfaktor für die Rohstoffe an und erwartet negative Effekte durch das Tapering sowie eine allgemeine Reduktion der Liquidität insbesondere auf den Goldpreis. Das Hauptproblem bestehe darin, dass der physische Markt angesichts der durch die neuen Importzölle geschwächten Nachfrage aus Indien kaum in der Lage sein werde, die Investorenverkäufe zu kompensieren.
Zuversichtlicher zeigt sich die Commerzbank. Die Debatte um die Rückführung der Fed-Anleihekäufe werde Anfang 2014 ein Belastungsfaktor für den Goldpreis bleiben. Einem weiteren Preisrückgang werde vermutlich aber das hohe Kaufinteresse aus Asien entgegenstehen. In der zweiten Jahreshälfte werde sich der Goldpreis begünstigt durch eine anziehende Investmentnachfrage wahrscheinlich erholen. Denn die US-Geldpolitik werde unter der designierten neuen Fed-Vorsitzenden Yellen ausgesprochen expansiv bleiben. Die EZB und die Bank of Japan würden ihre geldpolitischen Schleusen ebenfalls weit geöffnet halten. Gold werde daher wahrscheinlich als Instrument zur Absicherung gegen Kaufkraftverluste durch Inflation und Währungsabwertung auch bei westlichen Anlegern wieder an Akzeptanz gewinnen.
Auf den Ölpreis kommen neben dem Tapering und einem möglicherweise anziehenden Dollar noch Probleme in Form nachlassender geopolitischer Spannungen und eines steigenden Angebots zu. Der Atomstreit mit dem Iran ist entschärft worden. Dadurch könnte mittel- bis langfristig wieder iranisches Öl an die Märkte fließen und zusammen mit dem wieder reichlicher fließenden libyschen und irakischen Öl für Preisdruck sorgen. Die Deutsche Bank verweist zudem auf das starke Wachstum des US-Angebots und erwartet vor diesem Hintergrund ein negatives Umfeld für den Ölpreis. Nicht ganz so skeptisch ist Barclays. Aber auch dieses Haus erwartet zumindest für das erste Quartal einen angebotsbedingten leichten Preisrutsch. Aufgrund des hohen Gewichts des Energiesegments drohen damit im neuen Jahr auf Gesamtindexebene erneut Enttäuschungen. Mit einem passiven Investment in einen Gesamtindex wären Anleger somit wahrscheinlich schlecht beraten. Aktives Management wird im Jahr 2014 gefragt sein. Denn den Experten zufolge gibt es in einzelnen Segmenten durchaus selektive Chancen. So erwartet Barclays beispielsweise bei den Industriemetallen, die von einer konjunkturellen Beschleunigung profitieren würden, ein stagnierendes bis rückläufiges Angebot. Die Commerzbank glaubt, dass außerdem das Angebot vom Markt zu hoch eingeschätzt wird, was in den Industriemetallpreisen noch nicht berücksichtigt sei.
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