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Börsen-Zeitung: Ins Visier geraten, Kommentar zum Hochfrequenzhandel von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Es ist eine überaus gelungene Werbekampagne: Der amerikanische Bestseller-Autor Michael Lewis hat unter starker Beachtung der US-Medien sein neues Buch über den Hochfrequenzhandel mit Aktien vorgestellt. Der Medienrummel ist trotz des komplexen und sperrigen Themas so stark, dass sich das US-Bundeskriminalamt Federal Bureau of Investigation (FBI) und der Generalstaatsanwalt von New York veranlasst sahen, der Öffentlichkeit zu versichern, sie ermittelten in der Sache.

Damit ist der Hochfrequenzhandel, der in den USA inzwischen mehr als 60% des Handelsvolumens ausmacht, nicht mehr nur an der Wall Street ein Thema. Er ist in der Mitte der amerikanischen Gesellschaft angekommen, wo er - weil Amerikaner für ihre Altersversorgung auf das Wertpapiersparen angewiesen sind - als Bedrohung empfunden wird. Der Druck auf die Behörden, diese Geschäfte zu verbieten oder zumindest stark einzuschränken, hat enorm zugenommen.

Was den Hochfrequenzhändlern vorgeworfen wird, ist letztlich eine Art Front-Running. Diese Firmen erhalten Informationen über Orders einen Sekundenbruchteil früher als alle anderen Marktteilnehmer. Sie können sich mit Hilfe ultraschneller Datenleitungen und Server zwischen Käufer und Verkäufer stellen und so auf Kosten der anderen Marktteilnehmer sichere Gewinne einstreichen: Wie der große US-Hochfrequenzhändler Virtu in den Unterlagen für seinen Börsengang eingesteht, hat er in den vergangenen fünf Jahren bis auf einen Tag während jeder Börsensitzung Gewinn gemacht. Ein großer US-Hedgefonds gibt an, er allein büße durch Hochfrequenzhändler pro Jahr 300 Mill. Dollar ein.

Ob die Hochfrequenzhändler mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, ist allerdings fraglich. Denn im Gegensatz zum klassischen Front-Running beispielsweise eines Börsenmaklers, der von den Orders seiner Kunden profitiert und diese damit eindeutig betrügt, verwenden Hochfrequenzhändler öffentlich zugängliche Informationen. Sie sind lediglich in der Lage, diese Information sehr viel rascher und effektiver auszunutzen als andere Investoren.

Somit sind die US-Aufsichtsbehörden gefragt, sich des Themas anzunehmen und die Waffengleichheit der Anleger wieder herzustellen. Dazu bedarf es aber des konstanten Drucks der Investorenöffentlichkeit, weil mächtige Interessengruppen wie die US-Großbanken und die Börsenbetreiber vom Hochfrequenzhandel profitieren. Es ist noch völlig offen, wer sich in dem Streit letztlich durchsetzt.

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