Börsen-Zeitung: Staat im Dilemma, Kommentar zum Verbraucherschutz von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Eine lange Liste zusätzlicher Informationen sollen nach dem Willen der schwarz-roten Koalition Anbieter von Vermögensanlagen künftig liefern. Sie sollen Verbraucher vor Pleitefällen im grauen Kapitalmarkt wie dem des Windfinanzierers Prokon schützen. Dem aufgeklärten Anleger wird es helfen, wenn er künftig auch unterjährig über wichtige Geschäftsvorfälle unterrichtet werden muss, und dies auch noch nach der Vertriebsphase, wenn Rück- oder Zinszahlung in Gefahr geraten. Ob solche Vorgaben den Fall Prokon verhindert hätten, ist fraglich.
Die schwarz-rote Koalition steht vor einem Dilemma. Eine Offensive für mehr Transparenz schützt Anleger, die lesen, verstehen und sich damit auseinandersetzen, wohin ihr Geld fließt. Vielfach berufen sich kleine Privatanleger aber darauf, sie hätten - angelockt von irreführender Werbung - die Folgen ihres Handelns nicht einschätzen können. Wer nicht lesen will oder nicht verstehen kann, dem ist auch nicht mit zusätzlicher Information geholfen. Bei Prokon stand im sogenannten "Beipackzettel" schwarz auf weiß der Hinweis auf einen möglichen Totalverlust.
Die Politik träumt davon, auch solche Anleger schützen zu können, die die Verantwortung abgeben. Dafür soll die Finanzaufsicht BaFin künftig mehr Rechte erhalten, um etwa während des Verkaufsprozesses Missstände bei der Werbung zu unterbinden oder Vertriebsbeschränkungen und -verbote auszusprechen. Sie soll bei Verstößen gegen das Vermögensanlagegesetz schwarze Schafe auch früher an den öffentlichen (Internet-)Pranger stellen dürfen. So weit, so gut.
Je mehr aber der Staat via Aufsichtsbehörde beim Anlegerschutz in der Pflicht steht, desto mehr gerät er auch bei eigenen Versäumnissen in die Haftung. Die trügerische Vorstellung eines staatlich abgefederten Rundum-sorglos-Pakets wird das Empfinden von Anlegern, selbst Verantwortung übernehmen zu müssen, noch senken. Verstärkt wird dieser Paradigmenwechsel durch das Vorhaben, die BaFin neben der Aufsicht über den regulierten, weißen Kapitalmarkt als Aufsichtsziel auch mit dem kollektiven Verbraucherschutz zu betrauen.
Würde wenigstens der Steuerzahler für Fehler der staatlichen Aufsichtsbehörde aus einem politisch gewünschten Ziel haften, wäre die Welt zumindest halbwegs in Ordnung. Da die BaFin aber von den Finanzakteuren des weißen Kapitalmarkts finanziert wird, müssten diese für Fehler aus dem grauen Markt geradestehen. Es ist höchste Zeit, dann auch über das Finanzierungsmodell der BaFin zu reden.
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