Börsen-Zeitung: Hoffnungswert, ein Kommentar zum Bundeshaushalt von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Es wäre die Erfolgsgeschichte von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): ein Haushalt ohne Neuverschuldung. Das hat zuletzt Franz Josef Strauß (CSU) 1969 geschafft. Schäubles Amtsvorgänger - erst Hans Eichel und dann Peer Steinbrück (beide SPD) - waren auf erklärtem Weg dahin, bis Eichel ein Konjunktureinbruch erwischte und Steinbrück die Finanzkrise.
In diesem Jahr will Schäuble den strukturell ausgeglichenen Bundeshaushalt realisieren, also einen, der nach Bereinigung konjunktureller Effekte rechnerisch auf null steht. 2015 soll die echte schwarze Null kommen - ganz ohne Rechenoperation. Mit 6,5 Mrd. Euro Nettoneuverschuldung im Etat 2014, der wegen der Bundestagswahl erst jetzt im Bundestag beraten wird, ist auch Schäuble auf gutem Weg. Ein Selbstläufer ist die Sache aber keineswegs.
Es gibt "wenig Spielraum", bekannte der Minister. Denn um die Neuverschuldung partout nicht zu erhöhen, sind die Reserven ausgereizt. Die Haushälter setzten die Steuereinnahmen höher an als die Steuerschätzer. Sie ließen Luft aus den üblicherweise großzügig geplanten Zinsausgaben. So bleibt die Nettokreditaufnahme auf dem Papier stabil, auch nachdem der Bund einen happigen Betrag an Kernbrennstoffsteuer auf gerichtliche Verfügung zunächst zurückzahlen musste.
Die Zahl von 6,5 Mrd. Euro hat politischen Signalwert, obwohl die strukturelle Null rechnerisch sogar noch etwas mehr Neuverschuldung vertragen würde. Fast exakt diesen Betrag hatte schon Schwarz-Gelb geplant. Schäuble kann so zeigen, dass er trotz schwarz-roter Mehrausgaben weiter konsolidiert. Während die SPD höhere Renten und Mindestlohn durchsetzt, hat die Union sich (die Mütterrente ausgeklammert) auf Abstinenz verpflichtet: keine Steuererhöhung und ein ausgeglichener Haushalt. Liefern CDU/CSU nun nicht, sind sie geliefert.
Schäuble hofft nun auf einen etwas günstigeren Konjunkturverlauf als erwartet und auf weiter niedrige Zinsen. Er muss auch darauf hoffen, dass Mindestlohn und die neuen Optionen zur Frühverrentung den Arbeitsmarkt als wesentliche Quelle üppig fließender Steuern nicht belasten. Er kann beten, dass die Ukraine keinen Anlass zu größeren wirtschaftlichen Verwerfungen gibt. Zudem muss er darauf bauen, dass Südeuropa nicht am Stabilitätspakt rüttelt, nicht um mehr Zeit für Reformen zu bekommen, sondern um - nach aller Erfahrung - Strukturreformen aufzuschieben. Neue Krisen kann Schäubles Haushalt nicht verkraften.
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