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Börsen-Zeitung: Beim Geld hört Europa auf, Kommentar zur Bankenabgabe von Detlef Fechtner

Frankfurt (ots)

Manchmal besteht der Unterschied zwischen feilschenden Obsthändlern in Marrakesch und nationalen Diplomaten in Brüssel im Wesentlichen darin, dass die einen Kaftan tragen und die anderen Schlips. Das gilt im Besonderen für die Verhandlungen über die EU-Bankenabgabe in den vergangenen Monaten: Meine Güte, was für ein wildes Geschacher!

Das Ergebnis hat die EU-Kommission gestern vorgelegt. Der Ausgangspunkt - ein größenabhängiger Sockelbetrag, der um einen Risikofaktor nachjustiert wird, - wurde zwar beibehalten. Aber da jede Menge Ausnahmen zugelassen und zahllose Sonderregeln ergänzt wurden, ist ein kompliziertes Formelwerk herausgekommen - und wer nicht Mathematiker und Buchhalter in einem ist, der kann im Grunde nicht einmal andeutungsweise voraussagen, was für jede einzelne Bank hinten rauskommt. Lediglich eines ist offensichtlich: Sachgerecht ist es nicht.

Dass künftig jeder Mitgliedstaat selbst entscheidet, bis zu welcher Bilanzsumme ein Institut klein ist, und dass Frankreichs Institute einen Ausgleichsmechanismus zugestanden bekommen, der ihre Beiträge anfangs deutlich mindert, oder auch dass die Verrechnung von Derivaten erlaubt, aber auf 25% begrenzt wird - dies alles hat wenig mit Finanzstabilität zu tun - aber viel mit politischer Rücksichtnahme.

Es ist gewiss kein gutes Omen, dass ausgerechnet die Verhandlungen über den Einstieg in die europäische Bankenunion von nationalen Interessen dominiert werden, wie sie sonst nur beim Gezerre um das EU-Budget üblich sind. Die Hartleibigkeit, mit der die Bankenabgabe verhandelt und mit der um Risikofaktoren, Gewichtungen und abzugsfähige Positionen gestritten wurde - und möglicherweise ja noch weiter gepokert wird -, beweist aufs Neue: Beim Geld hört Europa auf.

Wenn man also das Negative hervorheben möchte, dann ist das die erneute Erkenntnis, wie schwierig es ist, faire gemeinsame Spielregeln für die Banken in Europa aufzustellen, ohne ständig Extrawürste zu erlauben. Stellt man indes auf das Positive ab, dann erinnert man an den eigentlichen tieferen Grund für die ganze Übung. Europas Steuerzahler sollen entlastet werden und künftig nicht mehr für marode Banken haften. Die geordnete Entsorgung einer Bank soll, wenn das Geld der Eigentümer und Gläubiger nicht reicht, gefälligst der Rest der Kreditwirtschaft übernehmen. Nach mühsamem Gefeilsche wie auf einem Basar ist die EU diesem Ziel gestern zumindest einen Schritt nähergekommen.

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