Börsen-Zeitung: Die Fed wartet auf Godot, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots)
Die US-Notenbank Fed ist on hold. So lassen sich die Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen auf der Pressekonferenz nach der Sitzung des Offenmarktausschusses am vorigen Mittwoch interpretieren. Die US-Währungshüter beließen den Leitzins nahe null Prozent. Zuletzt hatte auch wirklich keiner mehr damit gerechnet, dass es im Juni noch zu dem sogenannten "Lift-off", d.h. der ersten Zinsanhebung in den USA seit der Finanzkrise, kommt. Viele hatten sich aber schon auf September eingestellt. Die Fed hat sich wie erwartet alle Optionen offengehalten. Somit könnte es auch im September immer noch so weit sein, aber Yellen hat sich auch die Option des weiteren Abwartens über September hinaus offengehalten.
Denn einen Zeitpunkt hat die Fed-Chefin in ihren Äußerungen nicht konkretisiert. Vielmehr hat Yellen den Zeitpunkt der lange erwarteten Zinswende noch heruntergespielt. Es sei weitaus weniger wichtig, wann die Leitzinsen erstmals seit der Finanzkrise nun wieder steigen würden. Entscheidender sei, in welcher Geschwindigkeit die Zinsen nach der ersten Anhebung weiter erhöht würden.
Yellen wiederholte die Sachverhalte, die sie und andere Repräsentanten der Fed nun schon wieder und wieder dargelegt haben. Es gebe für die späteren Zinserhöhungen keinen vorgefertigten Fahrplan. Die Zinsanhebungen seien nach wie vor datenabhängig. Außerdem hat die Fed ihre Projektionen für Wachstum und Zinsentwicklung abermals nach unten korrigiert. Das alles zusammen wurde an den Märkten vielfach dahingehend interpretiert, dass die Fed es nicht so eilig hat mit der Zinsanhebung, dass sie weiterhin sehr behutsam vorgehen wird. Kurzum: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed weiter wartet, ist nach wie vor sehr hoch. Es gleicht dem berühmten "Warten auf Godot".
Im Rahmen ihres Mandats verfolgt sie konkret die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung an der Inflationsfront. Wieder und wieder hat die Fed eine Zinsanhebung davon abhängig gemacht, dass ausreichend Inflation vorhanden ist, es also keine Disinflation und Deflationsgefahren gibt, die die Konjunktur ins Wanken bringen könnten. Auch der Arbeitsmarkt wurde immer ganz konkret verfolgt. Er müsste in einer hinreichend robusten Verfassung sein, damit die geldpolitischen Zügel gestrafft werden können. Auch das hatte die Fed immer wieder herausgestellt. Implizit verfolgt die Fed aber auch die Konjunktur. Es ist klar, dass die Fed kaum zu Zinserhöhungen greifen wird, wenn dies das Wachstum abwürgen würde. Diesbezüglich hat sich in der Vergangenheit und nun eben auch in diesem Monat herausgestellt, dass die Fed in ihrer konjunkturellen Einschätzung stets zu optimistisch gewesen ist.
Thematisiert wurde in diesem Zusammenhang aber auch im vergangenen Jahr der Wechselkurs. Auch den hat die Fed im Blick, denn der Dollar hat gegenüber der Gemeinschaftswährung deutlich aufgewertet, was den exportorientierten US-Industrien auf den Weltmärkten deutlich zu schaffen machen könnte. Diese Aufwertung wirkt schon wie eine Zinsanhebung.
Behutsam vorgehen will die Fed auch noch mit Blick auf zwei weitere Aspekte. Man könnte auch sagen, sie wartet ab, bis auch hier alles reif ist für eine Zinsanhebung. Zum einen ist der Fed nicht daran gelegen, dass es auf den Finanzmärkten zu nachhaltigen Verwerfungen kommt. Die Marktteilnehmer sollen ausreichend auf diesen Schritt vorbereitet sein. Fragt sich nur, wer mittlerweile nicht mehr darauf vorbereitet ist. Zum anderen will die Fed auch internationale Aspekte im Blick behalten wie etwa die Griechenlandkrise oder das Risiko, dass eine Zinsanhebung über Kapitalabflüsse zu Problemen in den Emerging Markets führt. Nun bleibt nur noch abzuwarten, ob die Fed auch noch so lange wartet, bis der Internationale Währungsfonds dann auch noch grünes Licht gibt für eine Zinsanhebung, hatte dessen Chefin Christine Lagarde die US-Notenbank doch dazu aufgerufen, mit dem Schritt noch bis zum ersten Halbjahr 2016 zu warten.
Dieses Abwarten, bis alle Ampeln auf Grün stehen, gleicht schon der Quadratur des Kreises. Irgendetwas wird immer gegen eine Zinsanhebung sprechen. Es könnte sogar sein, dass die Fed zu lange wartet und an den Märkten die Bondrenditen schon wieder sinken, wenn die Fed die Zinsen erhöht. Der frühere Fed-Chef Alan Greenspan bezeichnete genau diesen Umstand steigender Leitzinsen und fallender Bondrenditen 2006 als Rätsel. Des Rätsels Lösung war, dass es kein Rätsel gab. Der Markt preiste den konjunkturellen Abschwung ein. Yellen sollte nicht so lange warten, bis der Markt erneut andere Szenarien einpreist.
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