Börsen-Zeitung: Dax reizt sein Potenzial aus, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Nach dem sehr guten Abschneiden im Oktober, in dem der Dax um etwas mehr als 12% gestiegen ist, lässt sich auch der November für den Aktienmarkt bislang recht ordentlich an. Immerhin erreichte der deutsche Standardwerteindex zum Wochenschluss erstmals seit Mitte August wieder die Schwelle von 11000 Zählern. Zuletzt lag er bei 10988 Punkten, womit er in der ersten Handelswoche 1,3% auf das prächtige Oktober-Ergebnis draufgelegt hat. Im Vergleich zum Ende September erreichten Jahrestief von 9325 Zählern hat der Dax damit um fast 18% zugelegt.
Das ist Wasser auf die Mühlen der Fans von Saisonstatistiken. Denn tatsächlich beginnt im Herbst sehr oft eine freundliche Aktienmarktphase, die häufig bis ins Frühjahr reicht. Wie die Commerzbank am Freitag ausführte, hat der Index im zurückliegenden Monat seine drittbeste Oktober-Performance seit dem Jahr 1965 erzielt. Der Oktober habe sich mittlerweile zu einem vielversprechenden Monat für Dax-Investoren entwickelt. Die durchschnittliche Monatsperformance seit 1965 liegt bei 1,2%, 32 der 51 Oktober-Monate hätten einen Anstieg gebracht, in 14 Fällen habe der Dax sogar um mehr als 5% zugelegt. Damit beginne im Oktober häufig der saisonale Rückenwind, der am deutschen Aktienmarkt häufig bis Ende April blase.
Kein Schnäppchen
Allerdings waren in der gerade abgelaufenen Woche Ermüdungserscheinungen unübersehbar. Der Dax tat sich mit der Marke von 11000 Punkten ziemlich schwer. Von Montag bis Donnerstag unternahm er an jedem einzelnen Tag vergebliche Anläufe auf die Marke. Jedes Mal ging dem Index oberhalb von 10950 Zählern die Puste aus.
Mit den starken Kursavancen seit Anfang Oktober hat der Aktienmarkt zumindest für die nächste Zeit sein Aufwärtspotenzial weitgehend ausgereizt. Eine Pause ist auch alles andere als ungewöhnlich, zumal auch die Bewertungen nicht mehr so günstig aussehen wie noch vor wenigen Wochen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Konsensschätzungen für das laufende Jahr liegt bei knapp 14, nicht unbedingt ein Schnäppchen in einem Umfeld, in dem die Erwartungen für das Wachstum der Weltwirtschaft und die Unternehmensgewinne den Rückwärtsgang eingelegt haben. Andererseits geht von der Geldpolitik der EZB Rückenwind aus - und von der Schwäche des Euro, der am Freitag nach den starken amerikanischen Arbeitsmarktdaten bei rund 1,07 Dollar den niedrigsten Stand seit dem April erreichte.
Strategen glauben vor diesem Hintergrund, dass der Aktienmarkt ohne eine entsprechende Untermauerung auf der fundamentalen Seite zunächst nur wenig Aufwärtspotenzial hat. Solange die Weltkonjunktur stabil, die Profitabilität der Unternehmen hoch und die Geldpolitik expansiv bleibe, sei die erhöhte Bewertung noch kein Problem, hieß es zum Wochenschluss bei der BayernLB. "Kritisch würde es erst dann werden, wenn sich im Zuge eines Einbruchs der Weltwirtschaft die Ertragslage der Unternehmen deutlich verschlechtert oder die Notenbanken ihre Geldpolitik straffen." Davon geht die Bank aber nicht aus.
Ein bewertungsunterstützender Faktor sei weiter die Geldpolitik, von der Konjunktur würden wahrscheinlich jedoch höchstens gedämpft positive Einflüsse ausgehen. "Daher glauben wir, dass die Bewertungen nach der jüngsten Erholung mittelfristig nur noch begrenzten Spielraum nach oben haben." Das Institut erwartet den Dax im Januar bei 11200 und im April bei 11600 Punkten. Die Helaba prognostiziert für das erste und das zweite Quartal 2016 jeweils einen Dax-Stand von 11200 Zählern. Mit dem deutlichen Plus der vergangenen Wochen kopple sich der Dax wieder von den fundamentalen Gegebenheiten ab. Mittlerweile hätten zwei Drittel der Dax-Mitglieder ihre Quartalsergebnisse vorgelegt. Mehr als die Hälfte davon (55%) habe die Erwartungen verfehlt. Auch die Perspektiven für die Unternehmensgewinne hätten sich weiter eingetrübt. So würden die Konsensschätzungen für die Nettoergebnisse der Dax-Unternehmen derzeit mehrheitlich nach unten revidiert. Die Bewertung bewege sich zwar noch im Normalbereich, nähere sich allerdings dem oberen Rand. Eine Verbesserung der mittelfristigen Gewinnperspektiven sei somit dringend geboten, um weitere Kursavancen zu rechtfertigen. "Eine Verschnaufpause täte Aktien also gut, auch weil Stimmungsindikatoren wie etwa das kurzfristige Dax-Barometer von Sentix schon wieder in die Überhitzungszone vorgedrungen sind", so das Institut.
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