Börsen-Zeitung: Auf dem hohen Ross, Kommentar zur Bankenabgabe von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Zu den prägenden Eigenschaften von Wirtschaftsjournalisten gehört es, Millionen und Milliarden zu verwechseln. Mill. oder Mio. statt Mrd. und umgekehrt sind in der Fachpresse inklusive Ihrer Zeitung für die Finanzmärkte einfach nicht totzukriegen. An diesem Phänomen vermag erfahrungsgemäß keine noch so eindringliche Blattkritik und keine Redaktionskonferenz etwas zu ändern. Vom kleinen Unterschied zwischen englischer trillion und deutscher Trillion wollen wir heute gar nicht anfangen, die zu vielen Nullen waren ja in diesem Blatt erst jüngst Thema eines Leitartikels.
Diese Vorrede muss fairerweise sein, weil wir nun gleich im Glashaus sitzend mit Steinen werfen werden, und zwar in Richtung der europäischen Bankenabwicklungsbehörde SRB und der deutschen Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA). Die der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesfinanzministers unterstehende FMSA erhebt die Bankenabgabe von deutschen Kreditinstituten, der von der früheren Präsidentin der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Elke König, geleitete SRB berechnet die Beiträge mittlerweile nach europäischen Vorgaben. In den aktuellen Bescheiden wurden nun zwar nicht Mill. und Mrd. verwechselt (wäre wohl zu einfach gewesen), aber verhauen hat man sich in Brüssel, und in Frankfurt hat man es nicht beizeiten gemerkt. Das ist in hohem Maße ärgerlich. Weniger, weil Fehler gemacht wurden. Irren ist menschlich, und das passiert ja - siehe oben - regelmäßig sogar Finanzjournalisten, die mit Zahlen mindestens so zuverlässig umgehen können sollten wie Staatsdiener, die Bürger und Unternehmen zur Steuer- oder Beitragskasse bitten.
Ein Ärgernis ist vielmehr vor allem, dass gerade die deutsche Verwaltung bis hinauf zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Thema Bankenabgabe seit Jahren auf einem verdammt hohen Ross sitzt - offenbar so hoch, dass sie gleichermaßen die Bodenhaftung wie den Überblick verloren hat. Seit Jahr und Tag beklagt die Kreditwirtschaft die Intransparenz der Bescheide, die sogar aus Sicht von Wirtschaftsprüfern fehlende Nachvollziehbarkeit der Parameter und der Ermessensausübung, die oft gerade für risikoarme Institute unverhältnismäßig erscheinende Beitragshöhe - von der steuerlichen Nichtabzugsfähigkeit, die deutsche Institute im internationalen Wettbewerb benachteiligt, ganz zu schweigen. Bei der FMSA biegen sich folglich die Schreibtischplatten unter der Masse der Widersprüche. Doch Schäuble und seine Leute hat das nicht gejuckt. Nun gibt es "Korrekturbedarf". Das ist noch peinlicher, als Millionen und Milliarden zu verwechseln.
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