Börsen-Zeitung: Wunschkonzert, Kommentar zur Bank of England von Andreas Hippin
Frankfurt (ots)
Das Leben ist kein Wunschkonzert, heißt es allenthalben. In Wirklichkeit hängt oft viel davon ab, wer sich etwas wünscht. Wer Wertpapiere oder Immobilien besitzt, wird von den Maßnahmen profitieren, mit denen die Bank of England nach dem Volksentscheid für den EU-Austritt den wirtschaftlichen Absturz verhindern will. Beim Rest der Bevölkerung und bei den Unternehmen wird davon wenig ankommen. Natürlich ist die Entscheidung für den Brexit ein negativer Schock für die britische Volkswirtschaft. Allerdings gibt es bislang keine harten Daten dazu, wie schwerwiegend seine Auswirkungen sein werden. Vorbeugend schon einmal das Pulver zu verschießen, das der Notenbank nach sieben Jahren Notstandsgeldpolitik noch geblieben ist, könnte sich schon bald als Fehler erweisen. Von einem Mangel an Liquidität konnte jedenfalls bislang keine Rede sein.
Das Problem bei der Senkung des Leitzinses auf ein neues historisches Tief ist nicht einmal, dass Sparer bestraft werden. Die Banken werden es kaum wagen, die ohnehin schon niedrigen Sparzinsen noch weiter zu senken. Es ist ohnehin keinesfalls ausgemacht, dass weniger gespart wird, wenn die Zinsen sinken. Die Krisenstimmung, die durch die Maßnahmen der Bank of England gestärkt wird, könnte eher dazu führen, dass Verbraucher ihre Ausgaben kürzen und noch mehr für dunkle Tage zurücklegen. Zu leiden hätten darunter die Kreditinstitute, deren Margen ohnehin schon unter Druck stehen.
Aber wer sich Geld leiht, sollten doch profitieren, oder? Die Hälfte der Hypothekenschuldner hat nichts davon, denn ihre Zinszahlungen sind gar nicht an den Leitzins gebunden. Die Bilanzen der Unternehmen sind solide, Fremdfinanzierung spielt für sie derzeit keine große Rolle. Es sind auch nicht die Zinskosten, die der Kreditaufnahme und Investitionen im Wege stehen, sondern die unklaren politischen Verhältnisse, die endlose Zitterpartie in Sachen Brexit.
Die Wiederaufnahme des Anleihenkaufprogramms setzt die Renditen unter Druck und vergrößert so die Löcher in den Pensionskassen der Unternehmen. Die Maßnahmen schwächen zudem die britische Währung noch mehr, was zu steigenden Einfuhrpreisen und einer sinkenden Kaufkraft der Haushalte führen wird.
Wer hat sich das gewünscht? Banken müssen weniger Problemkredite abschreiben, solange die Immobilienpreise steigen oder zumindest stabil bleiben. Und an den Börsen geht es weiter nach oben. Carney wäre sogar zu einer Zugabe bereit.
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