Börsen-Zeitung: Verlorenes Jahr für den Dax, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Erreichen Volatilitätsindizes ungewöhnliche Niveaus und drücken damit eine recht sorglose Stimmung der Marktteilnehmer aus, erweist sich dies nicht selten als Kontraindikator - das heißt, als Signal, dass eine unruhigere Marktphase bevorsteht. Zuletzt hat das wieder einmal funktioniert. Kaum hatte der Volatilitätsindex VDax New am 23. September - und damit bemerkenswerterweise in dem Monat, der historisch zu den schwächsten und unruhigsten am Aktienmarkt zählt - den niedrigsten Stand seit zwei Jahren erreicht, folgte in den Handelstagen darauf umgehend ein deutlicher Anstieg der Volatilität.
Damit hat sich auch die Erwartung vieler Marktexperten bewahrheitet, dass der Herbst am Aktienmarkt wesentlich ungemütlicher wird als der Sommer. Allerdings ist die aktuelle Unruhe durch einen Faktor herbeigeführt worden, der anders als etwa die Geldpolitik oder die anstehende US-Präsidentschaftswahl bis vor kurzem nicht als potenzieller Auslöser auf dem Radar der Beobachter war: die Sorgen um den Zustand der Deutschen Bank.
Am Freitag, nur eine Woche nach dem Zweijahrestief, erreichte der VDax New mit Werten von bis zu 23,06 Zählern den höchsten Stand seit dem 11. Juli. Im Dax spiegelte sich die Verunsicherung mit Tiefen unterhalb von 10.200 wider, womit der Index das niedrigste Niveau seit dem 4. August erreichte, ehe er bei 10.511 Punkten schloss.
Auch zum Ende des dritten Quartals bietet sich - gemessen an den zur Jahreswende bestehenden Erwartungen - ein ernüchterndes Bild. Die von den meisten Analysten und Strategen favorisierte Anlageform, die Aktie, hat seit dem Jahresbeginn ein Minus von 2,1 Prozent eingefahren, wenn man den deutschen Standardwerteindex zugrunde legt. Ganz anders mit Bundesanleihen eben die Assetklasse, die seinerzeit verschmäht wurde. Am Freitag ist der Index GREXp 10, der die Performance zehnjähriger deutscher Staatstitel erfasst, auf ein Rekordhoch von rund 648,2 Punkten geklettert. Damit haben zehnjährige Bundesanleihen in diesem Jahr bislang einen Ertrag von 8,1 Prozent eingebracht, eine Outperformance im Vergleich zu deutschen Blue Chips von 10,2 Prozentpunkten.
Nachdem immerhin mit dem September nun der statistisch schlechteste Dax-Monat verstrichen ist, folgt nun mit dem vierten Quartal eine Jahreszeit, in der sich der Aktienmarkt üblicherweise positiv entwickelt. Derzeit scheint es jedoch eher fraglich, dass sich für den Dax zum Jahresschluss ein wesentlich besseres Ergebnis einstellen wird, so dass er die Underperformance im Vergleich zu Bundesanleihen noch wettmachen kann.
Vielmehr spricht vieles dafür, dass er zumindest vorübergehend noch niedrigere Niveaus ausloten wird und die kommenden Wochen von stärkeren Marktschwankungen geprägt sein werden als der Sommer mit der Folge, dass 2016 zum verlorenen Jahr für den Dax zu werden droht. So wird die Diskussion innerhalb der US-Notenbank Fed über den Zeitpunkt der nächsten Leitzinserhöhung immer wieder für Verunsicherung sorgen.
Hinzu kommen die politischen Belastungsfaktoren, insbesondere die US-Präsidentschaftswahl, die durch einen durchaus möglichen Wahlsieg von Donald Trump für Nervosität sorgt. Bis zur Entscheidung werden nur noch etwas mehr als fünf Wochen vergehen, so dass die Umfragen genug Gelegenheiten für Unruhe bieten werden. Daneben enthält die Peripherie Zündstoff bereit. Spanien ringt immer noch darum, eine von einer Parlamentsmehrheit getragene Regierung zu erhalten, Portugal droht die Rating-Herabstufung durch DBRS in den Ramschstatus. Die Spreads des Staates sind bereits deutlich gestiegen, weil die EZB nach der Herabstufung durch DBRS keine portugiesische Staatsanleihen mehr kaufen darf. Im Dezember steht das Referendum in Italien an. Zudem kämpft dieses Land mit schweren Problemen im Bankensektor. Mit einem Minus von 23 Prozent, gemessen am FTSE-Mib-Index seit Jahresbeginn ist sein Aktienmarkt der Schwächste Europas.
In diesem Umfeld kann nur gehofft werden, dass nicht auch noch schlechte Nachrichten in Form von sehr negativ überraschenden Konjunkturdaten folgen. Dies würde wiederum die Frage aufwerfen, ob sich die Aussichten für die Unternehmensgewinne wie erhofft aufhellen werden. Ohnehin könnte auch die Quartalsberichtssaison, die in den Vereinigten Staaten am 10. Oktober beginnt für Unruhe sorgen, wenn die Unternehmen verstärkt Ausblicke auf das kommende Jahr geben und dabei versuchen, teilweise zu hochtrabende Erwartungen am Markt nach unten zu "guiden".
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