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Börsen-Zeitung: Das Risiko der Saudi-Bonds, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots)

Der atemberaubende Bond-Deal Saudi-Arabiens in der gerade zu Ende gegangenen Woche - mit 17,5 Mrd. Dollar die bislang größte Anleihetransaktion eines Schwellenlandes - ist ein voller Erfolg gewesen. Zumindest für Saudi-Arabien. Denn die Saudis sind nun auch auf den Zug aufgesprungen und haben den Trend an den weltweiten Bondmärkten hin zu immer tieferen Anleihezinsen für sich genutzt. Besser hätte diese Debüt gar nicht ausfallen können, die Investoren rissen sich um die Bonds.

Um eines klarzustellen: Es ist zwar das Erstlingswerk der Saudis, es wurden aber auch schon andere Ölstaaten in diesem Jahr vorstellig bei den Bondinvestoren. Bahrain, Abu Dhabi, Oman und Katar haben Bonds emittiert. Doch diese vier zusammen brachten es auf ein Volumen von insgesamt rund 20 Mrd. Dollar, da ist die Größenordnung von Saudi-Arabien schon eine andere Liga.

Und man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, welche Konditionen die Saudis einbuchen konnten. Für die fünfjährige Laufzeit zahlen sie einen Kuponzins von 2,375 Prozent, für zehn Jahre 3,25 Prozent und für 30 Jahre Laufzeit brauchten sie den Anlegern nur noch einen Kupon von 4,5 Prozent auf das Ticket zu schreiben. Als im vorigen Jahr die Sorgen um die Emerging Markets hochkochten und die Anleger in Scharen davonliefen, hätten Saudi-Arabien und andere Ölstaaten mit solchen Konditionen sich gar nicht erst auf den Weg zu den Investoren zu machen brauchen, da hätten sie mit höheren Zinsen locken müssen. Nun aber performen die Assets dieser Länder wieder, die Investorenstimmung hat gedreht, und das Geld sitzt bei vielen Adressen locker. Und wenn noch ein kleiner Aufschlag über den US-Staatsanleihen zu verdienen ist, dann fließt das Geld in Strömen. Anders ist es nicht mehr zu beschreiben.

Aber schaut sich irgendein Investor mal die mit diesen Assets, sprich Bonds verbundenen Risiken auch mal an, und zwar nicht nur im Spread- oder Renditevergleich zu anderen Staaten, die ja bekanntermaßen auch nichts mehr an Zinsen bezahlen? Selbstverständlich werden Ölstaaten wie Saudi-Arabien nicht morgen alle zusammen den Gemeinschaftsbankrott erklären und damit die Ratingagenturen für die Anleihen dieser Länder den Default erklären. Aber man sollte sich schon die eine oder andere Entwicklung in diesen Ländern mal durch den Kopf gehen lassen und sich fragen, ob für 30 Jahre Laufzeit 4,5 Prozent eine adäquate Kompensation des Risikos darstellen. Das Asset, das diese Länder haben, ist bekanntlich im Wesentlichen das Öl.

Der Ölpreisrückgang, der Mitte 2014 einsetzte, bescherte Saudi-Arabien bereits für 2015 das Rekordhaushaltsdefizit von 98 Mrd. Dollar oder 15 Prozent der Wirtschaftsleistung. Und wie lange diese Staaten von ihrem Asset noch leben können und vor allem zu welchem Preis sie es in den kommenden Jahren verkaufen können - wo steht der Preis wohl in zehn oder 30 Jahren? -, wissen vermutlich auch die ölexportierenden Staaten nicht. Des Weiteren sollte man sich auch mal überlegen, wie gut die Ölstaaten noch eine Kontrolle über die Preisgestaltung für ihr Asset haben. Richtig groß ist der Zusammenhalt und die Preissetzungsmacht der Opec offenkundig nicht. Man muss sich ja nur die gescheiterten Verhandlungen ins Gedächtnis rufen.

Und noch etwas sollte Anleger nachdenklich stimmen. Die Devisenreserven Saudi-Arabiens nehmen spürbar ab. Berichten zufolge lagen sie 2014 - als die Ölwelt noch in Ordnung war - bei 732 Mrd. Dollar. Gegenwärtig schätzen sie Experten noch auf 560 Mrd. Dollar. Es ist von weiter fallender Tendenz auszugehen. Auch anderen Ländern macht der Ölpreisverfall zu schaffen. Im Januar zog Norwegen mehr Geld aus dem Staatsfonds ab, als hineinfloss - zum ersten Mal seit der Einrichtung des Fonds vor 20 Jahren.

Solche Mittelentnahmen und der Abbau von Devisenreserven hätten in einem Marktumfeld, das nicht von Quantitative Easing der Notenbanken geprägt ist, zu einem sprunghaften Anstieg der Risikoaversion geführt. Man würde höhere Kompensationen fordern. Nicht so heute.

Aber der Mega-Bond-Deal der Saudis markiert noch in einer anderen Hinsicht einen Wendepunkt. Jahrelang haben Ölstaaten gut verdient, und ihre Petrodollars waren Liquiditätsspender an den weltweiten Anleihemärkten, gehörten diese Adressen doch zu den großen Nachfragern von US-Treasuries, japanischen Staatsanleihen oder solchen aus der Eurozone. Nun treten sie als Anbieter von Bonds auf. Und wie Standard & Poor's schätzt, kommt noch eine Menge Bondnachschub: Die Golfstaaten könnten bis 2019 einen Finanzbedarf von bis zu 560 Mrd. Dollar haben. Es kommt also genügend Material, um sich mal die Frage zu stellen, wo der richtige Preis fürs Risiko liegt.

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