Börsen-Zeitung: Gabriels frohe Botschaft, Kommentar zur Bilanz des Wirtschaftsministers von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Kurz vor Jahresschluss hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Bilanz seiner Amtszeit gezogen. Das ist ungewöhnlich, geht der Wirtschaftsminister doch sonst ohnehin Ende Januar vor die Presse, um den Jahreswirtschaftsbericht der Regierung samt Wachstumserwartung zu präsentieren. Dazu legt er auch Rechenschaft über das abgelaufene Jahr ab. Kurz vor Weihnachten aber ist das Parlament in Berlin schon in den Ferien. Die Nachrichtenlage ist dünn und die Zeit für frohe Botschaften günstig, mag sich Gabriel gedacht haben.
So ist es kein Wunder, dass der Vizekanzler sich vor allem selbst lobte: stabiles Wachstum, steigende Nettolöhne der Arbeitnehmer und höhere Investitionen des Staates verbuchte er auf der Habenseite. Zu den Pluspunkten zählt er auch die Neuordnung der Energiepolitik und den Wandel zur Digitalisierung.
Der private Konsum steige, resümierte Gabriel erfreut. Dies hält er für eine gesunde Entwicklung gegen die Abhängigkeit Deutschlands vom Export. Andersherum wird aber ein Schuh daraus. Erst vor wenigen Tagen hatte das Ifo-Institut Bedenkliches analysiert: Der Anstieg der deutschen Exporte war den Experten zufolge in keinem der Aufschwünge in den vergangenen vier Jahrzehnten so gering wie in diesem. Effekte auf die Binnenwirtschaft über höhere Unternehmensinvestitionen und Einkommenssteigerungen sind demnach ausgeblieben. Der starke private Konsum sei nur auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen - pro Kopf entwickele sich der Konsum so schwach wie in keinem der Aufschwünge zuvor.
Die Energiepolitik steht derweil trotz der Fortschritte im Einzelnen noch immer ganz oben auf der Sorgenliste der Unternehmen. Die Wirtschaft ächzt unter den hohen Kosten früherer Sünden, die in der Tat nicht so schnell zu heilen sind. Bei der Digitalisierung ist zumindest ein Anfang gemacht.
Aber nicht nur die Weihnachtszeit, sondern auch das bevorstehende Wahljahr hat Gabriel wohl zu der Bilanz veranlasst. Viel werde 2017 nicht mehr bewegt, kündigte er unverblümt an. Die Union bekam eine Breitseite verpasst. Der ausgeglichene Bundeshaushalt, eines der zentralen politischen Versprechen von CDU/CSU, sei den halbierten Ausgaben des Bundes für Zinsen zu verdanken. Den Koalitionspartner warnte Gabriel vor überzogenen Steuerentlastungsversprechen für die nächste Legislatur. Sonst müssten Wahlversprechen kassiert werden oder der Etat bekomme Schlagseite. Sollte Gabriel in Sorge sein, dass ihm der Koalitionspartner abhandenkommt?
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