Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung: Politisierter Stahl - Kommentar über den sich anbahnenden Handelsstreit zwischen Europa und den USA von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots)

Schon rüstet sich die EU-Kommission für einen Handelskrieg mit den USA und erwägt Strafzölle auf Harleys und Whiskey. Das scheint ein wenig übertrieben. Geht es doch bei den Drohungen der USA mit Importbeschränkungen auf Stahl um ein nicht gerade handelskriegsentscheidendes Produkt. Der Kostenanteil von Stahl in Autos liegt bei 4 bis 5% vom Umsatz.

Natürlich würde ein Teil der 35 Mill. Tonnen Stahl, die die USA derzeit jährlich importieren, in andere Märkte umgeleitet - voraussichtlich vor allem nach Europa. Denn die EU hat im weltweiten Vergleich geringe Überkapazitäten, und der Markt ist vergleichsweise offen. Europäische Stahlhersteller wie Thyssenkrupp, Voestalpine oder Salzgitter, die in den USA nur geringfügig vertreten sind, würden in Europa unter geringeren Margen und sinkenden Preisen leiden. Direkt betroffen wären aber eher die Länder, die den größten Anteil des in die USA importierten Stahls liefern. Das sind Kanada, Brasilien und Südkorea. Aus Deutschland kommen nur 4% der US-Stahlimporte. Umgekehrt sind die USA mit 5% Anteil nur der siebtgrößte Abnehmer für deutsche Stahlexporte.

Lohnt es sich, deshalb einen Handelskrieg zu führen - auch wenn US-Präsident Trump ihn angezettelt haben sollte? Eher nicht. Auch dann nicht, wenn die beschriebenen indirekten Effekte die hiesigen Stahlhersteller negativ betreffen würden.

Das Thema Stahl ist auf seltsame Art politisiert. Europa ist nicht besser als die USA: Die EU erhebt seit 2016 auf Grobbleche aus China Strafzölle von 74%. Bei warm gewalztem Stahl aus China sind es 36%. Das hat Herstellern wie Thyssenkrupp und Voestalpine eine Atempause verschafft - aber nur vorübergehend: Der billige Stahl aus Asien, den EU und USA draußen halten, findet seinen Weg in andere Märkte und erhöht dort den Druck: Billigstahl aus Iran, Brasilien und Russland kommt weiter ungehindert nach Europa.

Doch hätte der US-Vorstoß in der Stahlindustrie - als erste größere protektionistische Maßnahme Trumps - negative Signalwirkung: US-Handelsminister Ross prüft ähnliche Schutzmaßnahmen auch für die Chip-Branche, den Schiffsbau und die Aluminiumhersteller. Auch in diesen Branchen könne eine Abhängigkeit von Einfuhren die nationale Sicherheit beeinträchtigen. Natürlich ist das ein Vorwand: Bekämpft werden soll in Wahrheit das 500 Mrd. Dollar große Handelsdefizit der USA gegenüber Ländern wie Deutschland, China oder Japan. Stahlzölle sind - ob in der EU oder in den USA - das falsche Mittel. Bessere und billigere eigene Produkte wären das richtige.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 19.02.2018 – 20:35

    Börsen-Zeitung: Die richtige Medizin, Kommentar zu Siemens von Walther Becker

    Frankfurt (ots) - Der Startschuss ist gefallen. Siemens setzt die Pläne für einen Börsengang der Medizintechnik in die Tat um. Das ist ein gutes Signal für die Aktionäre des Münchner Mischkonzerns, den Kapitalmarkt und auch für Healthineers selbst, wo die Mannschaft seit Jahren auf das Debüt als eigenständige Einheit hinarbeitet. Ein Zaudern angesichts der ...

  • 16.02.2018 – 20:35

    Börsen-Zeitung: Eingelullt, aufgewacht, ein Marktkommentar von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Nur ein Spuk, der Einbruch der Aktienmärkte und die gestiegene Volatilität? Wer die Reaktion auf die US-Inflationszahlen von Mittwoch als Gradmesser nimmt, dürfte sich bestätigt sehen, dass der Bullenmarkt noch intakt ist und die Kurse weiter steigen dürften. Unterstützung erhält diese zuversichtliche Einschätzung durch anhaltend kräftiges ...

  • 15.02.2018 – 20:35

    Börsen-Zeitung: Jede Menge Probleme, Kommentar zu Airbus von Gesche Wüpper

    Frankfurt (ots) - Die Börse hat die Ergebnisse von Airbus trotz einer neuen Rückstellung von 1,3 Mrd. Euro für das A400M-Programm bejubelt, als habe der Luftfahrtkonzern bereits alle Probleme überwunden. Davon kann keine Rede sein. Zwar haben sich die finanziellen Risiken bei dem A400M-Militärtransporter deutlich verringert. Auch ist das Ende des Riesenfliegers ...