Abkehr von der Ära Ghosn, Kommentar zur Strategie von Renault und Nissan von Gesche Wüpper
Frankfurt (ots)
Die französisch-japanische Allianz von Renault, Nissan und Mitsubishi zieht einen endgültigen Schlussstrich unter die Ära des früheren Konzern- und Bündnischefs Carlos Ghosn. Der von ihr präsentierte Plan ist in gleich mehrfacher Hinsicht eine Abkehr von seiner Strategie. Statt auf Masse und vollmundige, aber nicht eingehaltene Versprechen wie unter Ghosn setzt sie auf eine engere, effizientere Zusammenarbeit, um Kosten zu sparen. Drang der Ende 2018 in Japan verhaftete und inzwischen in den Libanon geflohene Manager auf eine Fusion von Renault und Nissan, geht der neue Plan auf die japanischen Sorgen ein, sich den Franzosen unterordnen zu müssen. Dafür werden die Rollen der drei Allianzpartner unter Berücksichtigung der jeweiligen Stärken klar definiert. Jeder von ihnen bekommt die Federführung für bestimmte Regionen, Zukunftstechnologien und Modelle.
All das klingt vernünftig. Damit die Umsetzung funktioniert, ist es jedoch zwingend notwendig, dass sich die drei Partner voll vertrauen. Mit der Vorlage ihres neuen Plans haben sie bereits den Unkenrufen getrotzt, dass ihre Allianz ohne Ghosn auseinanderbrechen werde. Allerdings haben Renault, Nissan und Mitsubishi durch die Affäre um Ghosn viel Zeit verloren, da die dadurch ausgelösten Spannungen und Turbulenzen ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch genommen haben.
Angesichts der Coronaviruskrise sind die Allianzpartner jetzt jedoch mehr denn je aufeinander angewiesen. Nur durch eine engere Zusammenarbeit können ihnen die dringend benötigten Kosteneinsparungen gelingen, die umso notwendiger sind, als die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und selbstfahrenden Autos viel Geld verschlingt. Ironischerweise will die Allianz nun dem Rezept von PSA-Chef Carlos Tavares folgen, der früheren Nummer zwei von Ghosn, der die Modellpalette der Opel-Mutter verkleinert hat, um sie wieder auf die Gewinnspur zurückzuführen. Das Bündnis will jetzt die Modellpalette ebenfalls schrumpfen, um 20 Prozent.
Wer jedoch bei der Präsentation der Strategie auf konkrete Details zu Einsparungen und Synergien gehofft hat, wurde enttäuscht. Der neue Plan legt das Fundament, doch die konkrete Gestaltung der Aufbauten überlässt er den drei Allianzpartnern. Nissan und Renault wollen in den nächsten zwei Tagen Einzelheiten zu geplanten Einsparungen bekanntgeben. Alle drei Bündnispartner sind in die roten Zahlen gerutscht. Deshalb kommt der neue Strategieplan für die Allianz fast zu spät.
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