Alle Storys
Folgen
Keine Story von Börsen-Zeitung mehr verpassen.

Börsen-Zeitung

Pulverfass, Kommentar zur Bedeutung der angespannten Lage in den USA für die Wall Street von Norbert Kuls

Frankfurt (ots)

"I can't breathe - ich kann nicht atmen." Mark Mason schrieb diesen Satz zehnmal hintereinander - so oft wie der Afroamerikaner George Floyd flehte, bevor er in der vergangenen Woche in Minneapolis unter dem in sein Genick gedrückten Knie eines weißen Polizisten starb. Amerika ist seither in Aufruhr. Aus Ausgangsbeschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie wurden Ausgangssperren, um nächtliche Straßenkämpfe und Plünderungen zu unterdrücken.

Mark Mason schrieb die letzten Worte von Floyd nicht auf ein Plakat für eine der vielen friedlichen Demonstrationen. Die Sätze stehen auf der Internetseite der US-Großbank Citigroup in einem Blog, mit dem Mason auf die täglichen Gefahren für Afroamerikaner wie ihn selbst hinweist - auf das Risiko, selbst vom Joggen nicht lebend zurückzukehren. Der Blog sorgte für Aufsehen. Denn Mason ist Finanzchef der Citigroup, einer der höchstrangigen Manager an der Wall Street und einer der wenigen Afroamerikaner in einer solchen Position. Auch andere Spitzenmanager an der Wall Street äußerten ihre Empörung über Polizeigewalt und ihr Verständnis für - friedliche - Demonstrationen.

Die Finanzmärkte selbst scheinen das Thema bislang weitgehend zu ignorieren. Zwar stiegen die Aktienkurse von Unternehmen, die Überwachungssoftware für die Polizei herstellen. Auch die Titel von Waffenherstellern waren gefragt. Anleger wetten offenbar darauf, dass sich Amerikaner jetzt noch mehr Schusswaffen kaufen, um sich im Fall eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs selbst verteidigen zu können. Aber insgesamt setzen Anleger auf eine Beruhigung der Konflikte und weiterhin auf die erhoffte Konjunkturerholung.

Die bisherige Geschichte der Wall Street mag ihnen recht geben. In diesem Jahr ist die Lage nach fast drei Monaten Pandemie aber besonders explosiv. Covid-19 hat Minderheiten in Amerika besonders hart getroffen. Die Arbeitslosigkeit ist extrem gestiegen und damit auch die Verzweiflung. Präsident Trump zündelt am Pulverfass, gibt den starken Mann und droht sogar mit Einsatz des Militärs.

Die Pandemie ist bei weitem nicht im Griff. Die Demonstrationen machten jeden Anschein räumlicher Distanz zunichte. Möglicherweise droht nun eine zweite Welle von Ansteckungen. Das ist keine Basis für wachsendes Vertrauen in einen wirtschaftlichen Aufschwung. Sollte die Lage in den amerikanischen Städten weiter eskalieren, wird das an den hoch bewerteten Aktienmärkten nicht spurlos vorübergehen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Börsen-Zeitung
Weitere Storys: Börsen-Zeitung
  • 29.05.2020 – 19:00

    Völlig losgelöst / Kommentar zur Aktienrally von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Durch die Corona-Pandemie erleben die Finanzmärkte ein Jahr der Extreme. Dazu zählt, ebenso wie die Geschwindigkeit des Kursabsturzes und die Heftigkeit der Marktschwankungen in der Panikphase des März, die seit zweieinhalb Monaten anhaltende Erholungsrally. Ihr Ausmaß ist überaus beeindruckend und überraschend. In der abgelaufenen Woche hat der ...

  • 28.05.2020 – 20:00

    Knautschzone / Kommentar zu Hongkong von Norbert Hellmann

    Frankfurt (ots) - Es kam, wie es kommen musste. Chinas Volkskongress hat das weltweit für Aufregung sorgende neue Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone Hongkong durchgedrückt. Peking erhofft sich von dem legislativen Überraschungscoup, dass die Hongkonger Protestbewegung künftig notfalls mit chinesischer Staatsgewalt erstickt werden kann. Für die USA und zahlreiche andere westliche Nationen ist der Fall ...