Trügerische Frühlingsgefühle, Kommentar zur Konjunktur von Alexandra Baude
Frankfurt (ots)
Endlich ist er da, der Frühling. Auf ihm ruht seit Monaten alle Hoffnung. Daher nehmen wir es diesmal nicht so genau und begrüßen die dem Winter folgende Jahreszeit bereits vor dem meteorologischen Beginn am 1. März oder dem astronomischen Start am 20. März. Am Wochenende waren die Temperaturen bereits mehr als frühlingshaft, die Schneeglöckchen blühen und die Menschen hat es in Scharen aus den Wohnzimmern in die Natur getrieben.
Auch das Ifo-Geschäftsklima weckt Frühlingsgefühle. Sie ziehen sich quer durch sämtliche Bereiche. Die gehobene Laune in der Industrie lässt sich mit Blick auf die gut gefüllten Auftragsbücher und die Konjunkturentwicklung besonders durch den zweitwichtigsten Absatzmarkt China erklären. Die Ausfuhren ins Reich der Mitte sind 2020 trotz der Coronakrise nahezu konstant geblieben, wohingegen bei den Exporten in die Abnehmerstaaten Nummer 1 (USA) und 3 (Frankreich) jeweils Einbrüche im zweistelligen Prozentbereich verzeichnet wurden.
Hoffnungen auf Lockerungen haben die Stimmung in der Baubranche, im Handel und bei Dienstleistern beflügelt. Laut den Ifo-Forschern macht sich bei Reisebüros und Reiseveranstaltern sogar erstmals seit mehr als einem Jahr vorsichtiger Optimismus für die Sommersaison breit. Das dürfte auch der immer noch darbenden Gastronomie auf die Füße helfen. Am besten wäre jedoch, der fehlenden Planungssicherheit von Einzelhändlern und Gastronomen eine klare Perspektive für die kommenden Wochen entgegenzusetzen.
Mit den frühlingshaften Temperaturen steigen auch die ohnehin hohen Erwartungen baldiger Lockerungsschritte, die die deutsche Wirtschaft so dringend benötigt. Eine der Hoffnungen ist ja, dass sich weniger Menschen mit dem Coronavirus anstecken, wenn sich wieder mehr Leben im Freien abspielt. Allerdings kommen die Impfungen schleppend voran, und auch der immer dringlicher geforderte breite Einsatz von Schnelltests lässt auf sich warten. Im Hintergrund schwelt das Risiko der Virusmutationen und einer dritten Coronawelle.
Insofern muss die Devise sein, den immer lauter und vehementer werdenden Öffnungsforderungen nicht uneingeschränkt nachzugeben. Auch wenn Unternehmen derzeit wie die Finanzmärkte durch die Pandemie und deren Folgen hindurchschauen: Eine dritte Welle könnte Frühlingsstimmung und Lockerungsschritte schnell stoppen. Einen On-off-Lockdown hält die Wirtschaft aber nicht unendlich aus - und die Bevölkerung, die "mitspielen" muss, auch nicht.
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