Diesmal ohne Aspirin, Kommentar zum Fondsabsatz von Jan Schrader
Frankfurt (ots)
Was für ein Fest! Während sich der Dax mit einem Zuwachs von mehr als 18 % im laufenden Jahr hochprozentig zeigt, fällt das Fondsgeschäft mit üppigen Volumina auf. 168 Mrd. Euro sammelte die deutsche Branche laut Fondsverband BVI im laufenden Jahr bis Ende September bereits ein, bis Silvester wird der bisherige Rekord von 187 Mrd. Euro im Jahr 2015 vermutlich Geschichte sein. Der überwiegende Teil der Zuflüsse entfällt nicht etwa auf Spezialfonds, die für nüchterne Großinvestoren geöffnet werden, sondern auf Publikumsfonds, die auch im Privatkundengeschäft zum Einsatz kommen. Globale Aktienfonds, ausgewogene und offensive globale Mischfonds sowie ETFs gehen besonders oft über die Theke, aber auch Branchenfonds wie für klassische Technologieaktien oder für Biotech- und Pharmawerte werden reichlich ausgeschenkt. Die Rekordmarke aus dem Dotcom-Jahr 2000 ist im Publikumsfondsmarkt bereits gebrochen.
Doch jeder Rausch hat irgendwann ein Ende. Hoch bewerteten Aktienmärkten sind Grenzen gesetzt, ein wesentlicher Treiber des Aktienfondsgeschäfts verliert damit früher oder später an Stärke. Auch hat die Börsenbonanza nicht nur Fonds gefüllt, sondern den Durchsatz spekulativer Instrumente wie CFDs und Knock-out-Zertifikate befeuert - ein Zeichen für Übermut. Und dennoch: Ein Kater wie nach der Jahrtausendwende, als T-Aktie und Neuer Markt Millionen Sparer vergrault hatten, wird diesmal vermutlich ausbleiben. Das Aspirin bleibt diesmal im Schrank.
Denn jenseits der Euphorie ist der Fondsmarkt in guter Verfassung. Das verfügbare Geldvermögen für die Wertpapieranlage bleibt hoch, private Haushalte horten hierzulande 2,9 Bill. Euro Bargeld und Einlagen - viel Geld, das in Aktien und Fonds fließen könnte. Die Kreditwirtschaft sorgt mit ihren Negativzinsen dafür, dass viele Menschen ihr Geld umschichten. Ein heillos aufgeblähtes Marktsegment für Internetklitschen gibt es wie im damaligen Umfang offenbar nicht. Und selbst ein Kursverfall der Krypto-Tulpenzwiebeln wird die mit realen Unternehmensgewinnen unterfütterten Aktienkurse nicht dauerhaft in die Knie zwingen können.
Vor allem aber hat sich der Fondssparplan als Massenprodukt mit zweistelliger Millionenzahl etabliert: Schon beim Kursrutsch im März 2020, als der Beginn der Pandemie Angst auslöste, hatten Sparpläne das Geschäft stabilisiert und eine Flucht privater Anleger wie noch zur Finanzkrise weitgehend verhindert. Auch wenn die Party endet, bleibt ein Kater aus.
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