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Liquiditätsfalle, Kommentar zu China von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots)

Chinas Zentralbank sieht sich gerne in der Rolle des Felsens in der Brandung und ist auch in angespannten wirtschaftlichen Phasen stets um unaufgeregte Handlungen bemüht. Am Montag hat die People's Bank of China (PBOC) für die Marktteilnehmer überraschend eine Senkung der Zinsen bei der mittelfristigen Refinanzierungslinie für Geschäftsbanken und einwöchigen Repo-Geschäften am Geldmarkt verkündet. Es handelt sich um eine winzige Anpassung von 10 Basispunkten, also eine unaufgeregte Maßnahme. Sie kommt aber mit einem ziemlich aufgeregten Timing unmittelbar vor der Verbreitung neuer Wirtschaftsdaten daher, die es einigermaßen in sich haben.

Der neue Datenkranz räumt mit der von Peking so eindringlich gepflegten Vorstellung auf, dass Chinas Wachstumseinbruch im Frühling ein vorübergehendes Malheur war. Dem sollte der Diktion nach der vom freudigen Post-Lockdown-Konsum getriebene Konjunkturaufschwung folgen. Jetzt zeigt sich ein anderes Bild. Der Lockdown in Schanghai und anderen Großstädten mag aufgehoben sein, aber die Weiterführung der grotesken Coronapolitik erlaubt keine Stabilisierung des Konsum- und Investitionsklimas. Von Verbraucherseite erlahmt der Schwung bereits. Private Unternehmen schrecken vor Neuinvestitionen zurück. Im von der Verschuldungskrise großer Bauträger zerrütteten Immobilienmarkt zeichnet sich ebenfalls keine positive Wende ab.

Seitens Regierung und Zentralbank heißt es immer wieder, man habe ausreichenden Spielraum für fiskalische und monetäre Impulse, um Chinas Wachstum auf Kurs zu halten. Das klingt beruhigend, trifft aber nicht den Kern der Sache. Mit Blick auf die bedrohliche Verschuldungslage der Lokalregierungen ist der Spielraum für wuchtige Infrastrukturprogramme durchaus begrenzt. Die Zentralregierung kann mit Steuerpaketen nur das Schicksal von Kleinunternehmen lindern, die überhaupt Gewinne machen, und hat wenig Ideen in Sachen Konsumanregung.

Die Zentralbank wiederum kann die auf dem Papier noch eher hohen Zinsen senken und Mindestreserveanforderungen weiter zurückschrauben. Damit werden aber nur Kreditvergabespielräume erweitert und Darlehen verbilligt, für die es gegenwärtig keine entsprechende Nachfrage gibt. Weder seitens der Unternehmen noch der privaten Haushalte, die hypothekenfinanzierte Wohnungskäufe scheuen. In der Wirtschaftstheorie spricht man hier von der keynesianischen Liquiditätsfalle. Die etwas hilflos wirkende Aktion der PBOC zeigt, dass China bereits hineingetappt ist.

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