Börsen-Zeitung: Der Musterknabe kränkelt, Kommentar von Sabine Wadewitz
Frankfurt (ots)
Gerade unrecht zur Hauptversammlung hat der Generikaanbieter Stada seine Aktionäre mit einer Gewinnwarnung überrascht. An einem Tag, an dem die Anteilseigner Dividende und Würstchen im Sinn haben, ist der Börsenkurs des langjährigen Musterknaben tief in die Knie gegangen. Mit Einbußen von mehr als 15% zum Handelsauftakt und gut 10% an einem Tag haben die Stada-Titel herbe Verluste verzeichnet. Seit Jahresbeginn sind die Aktien nun um gut ein Viertel leichter geworden. Ein böser Rückschlag für den an Rekorde gewöhnten Arzneimittelhersteller.
Dass die Reformbemühungen im Gesundheitswesen mit Zwangsrabatt und Praxisgebühr ihre Spuren in den Erfolgsrechnungen der deutschen Pharmaunternehmen hinterlassen würden, ist keine Überraschung. Die Stada-Aktie war deshalb seit einigen Monaten im Abwärtstrend. Auch die deutlich größere und auf innovative verschreibungspflichtige Medikamente ausgerichtete Schering hat ein umfangreiches Programm zur Effizienzsteigerung anstoßen müssen. In der Branche kämpfen viele Anbieter mit heftigem Gegenwind.
Die kräftige Korrektur der Ergebnisprognose musste die Stada- Aktionäre gleichwohl überraschen, hatte der Vorstand doch vor vier Wochen noch seine Erwartungen für 2004 bekräftigt und das neunte Rekordjahr in Folge in Aussicht gestellt. Den Investoren wurde signalisiert, dass der Konzern den aktuellen gesundheitspolitischen Herausforderungen erfolgreich begegnen könne. Die Aktionäre waren daran gewöhnt, dass Stada seine Prognosen sicher setzt und in der Regel übertrifft. Dass nun innerhalb von wenigen Wochen die Erwartung eines zweistelligen prozentualen Ertragswachstums der Einschätzung einer Gewinnstagnation Platz macht, muss deshalb alarmieren.
Es wird Stada einige Zeit kosten, um den Vertrauensverlust im Markt wieder zu beheben. Zugute kommt dem Unternehmen die äußerst solide finanzielle Situation, was den Weg für Akquisitionen frei hält. Zudem wird den weltweiten Märkten für Nachahmerprodukte unverändert ein Wachstum vorhergesagt, denn noch viele große Pharmaprodukte stehen in den nächsten Jahren vor dem Auslaufen des Patentschutzes.
Fraglich ist jedoch, ob die Generikaanbieter langfristig tatsächlich als die Gewinner aus den Gesundheitsreformen hervorgehen. Denn die Erfahrungen aus den deregulierten Märkten zeigen, dass dort innovative Medikamente deutlich teurer sind, während Generika mit erheblich höheren Abschlägen vom Originalpräparat verkauft werden. Wenn Europa diese Entwicklung nachvollzieht, dürfte das Renditeniveau im Generikageschäft zurückgehen.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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