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Börsen-Zeitung: Kommentar zum Aktienmarkt von Martin Dunzendorfer: Nicht an September denken

Frankfurt (ots)

An den Aktienmärkten hat das dritte Quartal
schlecht begonnen. Nicht ganz unerwartet. Hatte doch schon die triste
Stimmung über weite Teile des letzten Vierteljahres, dass im
langfristigen Vergleich eine weit bessere Performance als das
laufende aufweist, nichts Gutes ahnen lassen. Die Aussichten für
festere Kurse bis Ende September sind also nicht gut. Die einzige
Chance, einem Sommerloch zu entgehen, scheint eine Serie von
Quartalsberichten stark beachteter Unternehmen zu sein, die mit ihren
Gewinnausweisen die Markterwartungen klar übertreffen und
optimistische Geschäftsprognosen abgeben.
Einige Analysten halten das zwar für möglich, der Start in die
Bilanzsaison sah aber anders aus. Gewinn- und Umsatzwarnungen sowie
enttäuschende Ausblicke von Peoplesoft, Siebel Systems und Yahoo
sowie L’Oréal führten in der vergangenen Woche zu kräftigen
Rückschlägen an den Börsen. Und doch haben zumindest die an den Polen
sitzenden Marktakteure keinen Grund zur Klage: die kurzfristig
orientierten Trader mit einem Investmenthorizont von Minuten und die
strategischen Investoren.
Die jüngste Kursschwäche hat dazu geführt, dass nicht wenige Big
Caps – zu denen die Banken wegen der fortgeschrittenen Phase im
laufenden Aufschwung zu Recht raten – nahe ihren 52-Wochen-Tiefs
liegen. Dabei handelt es sich nicht etwa um Zykliker oder
Technologiewerte, die in der Regel hoch bewertet und daher besonders
anfällig für Einbußen sind. Vielmehr sind es defensive Aktien, die
auf günstigen Niveaus liegen, und Titel, deren weiteres
Abwärtspotenzial begrenzt sein dürfte, in denen aber relativ viel
Kursfantasie steckt.
Diese seltsame Struktur – Papiere mit schlechtem Chance-Risiko-
Verhältnis stehen immer noch vergleichsweise hoch im Kurs,
fundamental günstige Werte sind stark gefallen – ist auch der
Mehrheit der Marktteilnehmer klar; nur so erklärt sich, warum die
Tagesabschläge bei vielen Aktien, die nahe dem Jahrestief tendieren,
trotz des schwachen Umfelds in der Regel verhältnismäßig gering
bleiben und sich bei kurzzeitig auftretenden stärkeren Kursrückgängen
sofort Käufer finden, die Material aufnehmen. Für Day- Trader birgt
das Ausnutzen dieser Spannen Gewinnchancen.
Langfristig denkenden Anlegern bieten sich zahlreiche attraktive
Einstiegsmöglichkeiten besonders in Großbritannien; dort sind Banken
und Pharmatitel günstig. Weltweit sind die Versicherer, auch die
deutschen, so niedrig bewertet wie selten. Ansonsten fällt die
Auswahl von Blue-Chips aus dem Dax schwerer. Man muss schon etwas Mut
mitbringen, um Lufthansa, Infineon und Tui zu kaufen, doch scheint
der Boden bei diesen Aktien erreicht zu sein.
(Börsen-Zeitung, 10.7.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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