Börsen-Zeitung: Frohe Ifo-Botschaft, Kommentar zum überraschend deutlichen Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex von Stephan Lorz
Frankfurt (ots)
Wie das Kaninchen auf die Schlange, so starrten die Ökonomen auf die Bekanntgabe des Ifo-Index vom Juli. Zweimal hintereinander war er bereits abgerutscht, weil den Unternehmen der Glaube an den Aufschwung verloren ging und die jeweilige Geschäftslage sich nicht so günstig entwickelte wie erhofft. Sollte er Ende Juli ein drittes Mal in den Keller gehen, hätte dies in der Lesart der Ökonomen eine Trendwende hin zum Abschwung bedeutet. Der gerade erst sich festigende Aufschwung schon wieder vorbei? Das hätte gut ins Meinungsraster jener gepasst, die den Standort ohnehin schon abgeschrieben haben. Schnell wäre im Dickicht der Schlagzeilen und Unkenrufe auch das letzte Fünkchen konjunktureller Zuversicht erstorben. Licht aus Deutschland in der Dauerkrise.
Doch das Münchner Konjunkturbarometer wartete mit einer positiven Überraschung auf: Es stieg kräftiger als selbst von unverbesserlichen Optimisten erwartet. Nicht nur die Lagebeurteilung fiel günstiger aus, sondern auch die Geschäftserwartung für die nächsten sechs Monate. Deutschlands Unternehmen gaben sich wieder etwas zuversichtlicher, was den Standort angeht. Über die Gründe können nur Mutmaßungen angestellt werden. Da sich die Aussichten für die Weltwirtschaft in jüngster Zeit eher wieder etwas eintrübten, scheint die Zuversicht binnenwirtschaftlich motiviert. Dabei fällt vor allem die Koinzidenz mit der jüngsten Arbeitszeitdebatte ins Auge. Wenn es um die Standortsicherung geht, zeigen die Gewerkschaften eine bislang ungekannte Flexibilität. Zugeständnisse, wie sie bei DaimlerChrysler und anderen Unternehmen bereits erfolgt sind, waren vor Monaten noch undenkbar. Die deutsche Volkswirtschaft ist also viel beweglicher, als es bisher den Anschein hatte.
Auch ihre Wettbewerbsfähigkeit hat zugenommen. Die gegenüber den anderen Ländern der Eurozone über Jahre hin niedrigere Inflation lässt deutsche Unternehmen jetzt im Außenhandel große Erfolge feiern, weil sie in der Preiskonkurrenz besser mithalten können. Die Exporterfolge können so länger aufrechterhalten werden und erhöhen die Chancen, dass der Funke endlich auch auf die Binnennachfrage überspringt.
Doch die frohe Ifo-Botschaft ist nur dann nachhaltig genug, wenn die Bundesregierung zu einer stetigen Wirtschaftspolitik zurückfindet. Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmer müssen ihre Investitionen schließlich über Jahrzehnte planen können. Eine erratische Steuerpolitik und Dauerdebatten über die Richtung der Reformpolitik, wie sie bislang üblich waren, sind Gift für die Konjunktur. Einige unbedachte Äußerungen aus Berlin, schon sieht die Konjunkturlage wieder düsterer aus.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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