Börsen-Zeitung: Kommentar von Michael Flämig zum Halbjahresergebnis der HVB: Lasst die HVB Luft holen!
Frankfurt (ots)
Die HypoVereinsbank (HVB) musste in den vergangenen Tagen einiges erdulden. Katastrophenszenarien hatten die Runde gemacht, wild war über miserable Halbjahreszahlen spekuliert worden. Der Kapitalmarkt setzte auf eine Enttäuschung: Am Tag vor Veröffentlichung der Zahlen rutschte der Aktienkurs um 3% ab. Mit dem gestrigen Tag konnte die Bank sich rehabilitiert fühlen. Ein Kurssprung brachte das Institut an die Spitze des Deutschen Aktienindex. Für die Anleger ein schon fast vergessenes Erlebnis: Seit der Enttäuschung im ersten Quartal hatte die Aktie regelmäßig schlechter abgeschnitten als der wichtigste deutsche Index.
Die Kurzatmigkeit der vergangenen Tage darf nicht dazu verleiten, nun übergangslos von Untergangsstimmung in Hosianna-Rufe überzugehen. Die HypoVereinsbank hat Vorstandssprecher Dieter Rampl hat es selbst so formuliert noch ein gutes Stück Weg vor sich. Erstes Problem: Die erfreuliche Zurücknahme der Risikovorsorge hat das Ergebnis verbessert, doch mit 1,8Mrd. Euro ist dieser Posten auf einem absurd hohen Niveau. Bei schwachen Immobilienmärkten gibt es kaum Lösungen für das Management die Bank muss da durch. Zweites Problem: Das Geschäft mit Privatkunden in Deutschland kommt nicht überzeugend vom Fleck. Sicherlich, es gibt eine Verbesserung aber das Ausgangsniveau ist bescheiden. Drittes Problem: Generell lässt sich das Neugeschäft nur zögerlich an, die Risikoaktiva liegen noch spürbar unter dem Zielwert von 250 Mrd. Euro.
Die HVB muss also unverkennbar viele Aufgaben lösen. Doch wenn die Bank derart durch die Straßen gehetzt wird, wie es zuletzt Öffentlichkeit und Analysten getan haben, geht jedem Unternehmen unweigerlich der Atem aus. Ein Blick, der nur bis zum nächsten Quartal geht, wird niemals den großen Wurf erkennen. General Electric hat in den vergangenen zwei Jahren vorgemacht, dass eine Neuaufstellung nicht von heute auf morgen zu haben ist. Die Allianz geht aktuell den gleichen Weg, indem Chef Michael Diekmann die Früchte seiner neuen Politik für das Jahr 2006 verspricht.
Sicher: Die Kapitalmärkte tun sich schwer mit mittelfristigen Veränderungen. Trotzdem müssen sie möglich sein. Die HVB war im vergangenen Jahr mit der Transformation beschäftigt und hat erst 2004 das operative Geschäft beherzt anpacken können. Sie hat mit ihren Zielkorridoren 2004 ambitionierte kurzfristige Ziele genannt und gleichzeitig um Geduld für die Neuaufstellung nach Ende des Aktien-booms gebeten. Nun muss das Konzept für Deutschland noch geschärft werden. Dann sollte der Bank auch der notwendige Freiraum für den Umbau zugestanden werden.
(Börsen-Zeitung, 6.8.2004)
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