Börsen-Zeitung: Kommentar zur Senkung des Kapitalanteils des französischen Staates an France Télécom von Jörg Foshag: France Télécom in Privathand
Frankfurt (ots)
Für France Télécom endet die Ferienzeit mit einem Paukenschlag. Der französische Staat senkt seinen Kapitalanteil an der Gesellschaft sehr deutlich unter die Marke von 50%. Der bisher sieben Jahre lange Prozess der Privatisierung ist damit zu einem vorläufigen Abschluss gekommen. Der Staat ist jetzt nicht mehr Mehrheitsaktionär. Und die Transaktion geht zügig vor sich. Das französische Schatzamt (Trésor) hat die Banken Société Générale, Morgan Stanley, JPMorgan und BNP Paribas angewiesen, 9,6% des Kapitals des Telekomriesen bei institutionellen Investoren zu platzieren. Der Staatsanteil wird direkt und indirekt auf 41 bis 43,5% zurückgehen.
Wie nicht anders zu erwarten, schreien die Gewerkschaften Zeter und Mordio. Von Verrat, Lüge und Nichtrespektierung von staatlichen Versprechen ist bei den Belegschaftsvertretern die Rede. Und schon werden heftige Protestaktionen angekündigt. Die Linksgewerkschaften bleiben ihrer Tradition treu. Sie haben bei France Télécom allen Privatisierungsschritten Widerstand entgegengesetzt. Dies war 1996 so, als die damalige Staatsgesellschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Dies war auch im Jahr darauf der Fall, als der Staat in einem ersten Schritt 25% des Kapitals abgab. Dies ist auch heute so, da die Privatisierung des Kommunikationskonzerns die entscheidende Hürde nimmt.
Aus der Sicht der Pariser Regierung liegt der Schritt jedoch nahe. Der Staat habe den Konzern bei seinem bemerkenswerten Privatisierungskurs begleitet, die Mammut-Kapitalerhöhung vom März 2003 über 15 Mrd. Euro mitgetragen und ernte jetzt einen Teil der Früchte dieses Investments. Es geht, wenn man dem Pariser Finanzministerium glauben darf, zudem darum, dem Konzern mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.
France Télécom müsse mit einem flexibleren Kapital rechnen und sich auf eine breitere Basis von Aktionären stützen können, heißt es in Paris. Diesen Erfordernissen habe die Regierung jetzt entsprochen. Die Argumentation hat insofern Hand und Fuß, als die neue Strategie des wieder integrierten Télécom-Konzerns ganz auf den Kunden ausgerichtet werden soll. Flexibilität ist dafür notwendig. Überdies ist nicht vergessen, dass die enge Anbindung des Konzerns an den Staat in der Zeit der Expansion Übernahmen durch Aktientausch verhinderte. Dies hat erheblich zu dem riesigen Schuldenberg beigetragen, unter dem France Télécom noch vor zwei Jahren ächzte. Doch ausschlaggebend für den überraschenden Verkauf der Staatstitel sind solche Überlegungen keineswegs. Der Grund für die Aktion ist ganz einfach: Der französische Staat braucht Geld.
(Börsen-Zeitung, 2.9.2004)
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