Börsen-Zeitung: Kommentar zur Entwicklung der Vorstandsvergütungen von Claus Döring: Betonköpfe und Populisten
Frankfurt (ots)
Die Richtung stimmt. So lässt sich die jüngste Untersuchung der Aktionärsvereinigung DSW zur Entwicklung der Vorstandsgehälter der Dax30-Unternehmen bewerten. Bei den meisten Unternehmen haben sich schlechtere Erträge auch in niedrigeren Vorstandsvergütungen niedergeschlagen, umgekehrt haben Gewinnsprünge die Bezüge kräftig steigen lassen. Bei einigen Gesellschaften waren zwar gegenläufige Entwicklungen von Ergebnis und Vorstandsvergütung festzustellen, doch liegt die Ursache hierfür meist in dem von der DSW gewählten Vergleichsmaßstab Ergebnis je Aktie. So gab es zwar immer noch Vorstände, die trotz eines Rückgangs beim Gewinn je Aktie mehr verdient haben, aber auch andere, die trotz höheren Gewinns je Aktie weniger Gehalt bekommen haben. Die inzwischen sehr hohe Erfolgsabhängigkeit der Vergütung wirft auch kritische Fragen auf: Sollte die Normalisierung der Ertragslage bei der Deutschen Bank auf einem noch nicht sehr anspruchsvollen Niveau für die Vorstände gleich zu einem Gehaltssprung von 80% führen und sie zu den bestverdienenden Vorständen dieser Republik machen? Oder müssen die Vorstände der Lufthansa, wo maßgeblich exogene Einflüsse das Ergebnis verhagelt haben, gleich mit einer Gehaltskürzung von 45% bestraft werden?
Die insgesamt positive Entwicklung bei den Vorstandsbezügen wird in der breiten Öffentlichkeit leider so nicht wahrgenommen werden, weil sie von der Debatte um die individuelle Offenlegung der Gehälter überlagert wird. Solange einige Betonköpfe in den Reihen der Dax30- Vorstände die Empfehlungen des Corporate Governance Kodex torpedieren, werden die Managergehälter ein Thema für Politiker und Populisten bleiben.
Ausgerechnet jene Manager, die sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit über die Regulierungswut des Staates schimpfen, verweigern eine freiwillige, unter Einbeziehung namhafter Repräsentanten der Wirtschaft entwickelte Selbstverpflichtung. Die individualisierte Veröffentlichung von Vorstandsgehältern ist in Großbritannien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Irland, Schweden und der Schweiz bereits Pflicht. Wenn es um sie selbst geht, reden Vorstände, die sich sonst so gerne global geben und deren Bezüge sich im internationalen Vergleich auch nicht zu verstecken brauchen, mit gespaltener Zunge.
Es wäre an der Zeit, die leidige Debatte zu beenden. Denn die Gehälter der Vorstände gehören nicht zu den Themen, die über die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft der Unternehmen und des Standortes entscheiden. Wenn die Leistung der Unternehmen und ihrer Führungen (wieder) stimmt, wird die Gehaltsfrage zur Randnotiz.
(Börsen-Zeitung, 3.9.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell