Börsen-Zeitung: Kommentar von Peter Olsen zum Entschluss von Ford, das Jaguar-Stammwerk Browns Lane in Coventry zu schließen: Katzenjammer in Coventry
Frankfurt (ots)
Lang, lang ist es her, dass die beiden großen amerikanischen Automobilkonzerne Ford Motor und General Motors rund um den Globus Ausschau nach anderen Autoherstellern hielten. Mitunter kamen sie sich sogar ins Gehege, und eher zufällig landete beispielsweise Saab bei General Motors und Jaguar bei Ford. Denn jeder der Konzerne hatte auf beide Marken ein Auge geworfen.
Insbesondere im Kampf um den seinerzeit letzten ernst zu nehmenden britischen Automobilbauer Jaguar lieferten sich die US-Konzerne Ende 1989 ein Bietgefecht. Ford kam schließlich für 1,6 Mrd. Pfund (etwa 2,2 Mrd. Euro) zum Zuge und mühte sich seither redlich, aber vergeblich, die Marke mit der Raubkatze als Kühlerfigur zu einer wirklichen Konkurrenz zu Mercedes, BMW und Audi auszubauen. Auch der Aufbau der Luxussparte Premier Automotive Group (PAG) mit den später zugekauften Volvo-Pkw und dem von BMW erworbenen Geländewagen- Spezialisten Land Rover änderte gerade bei den britischen PAG-Teilen wenig am historischen Problem: lausige Qualität und keine wirklich überzeugenden neuen Modelle.
Der einstige BMW-Spitzenmanager Wolfgang Reitzle bemühte sich, aus PAG eine wichtige Ford-Ergebnissäule zu machen Reitzle wechselte an die Linde-Spitze. In der ersten Jahreshälfte machte PAG einen Verlust von 362 Mill. Dollar, ein Zustand, der geradezu nach einschneidenden Maßnahmen schreit, denn etwa die Hälfte des Verlustes soll auf Jaguar entfallen sein. Die Edelmarke produziert noch immer in drei schlecht ausgelasteten Werken lediglich 125000 Fahrzeuge im Jahr. Wegen der schwachen US-Nachfrage wird die Fertigung dieses Jahr um 15000 Stück gekürzt.
Jetzt trifft der Schließungsentscheid aus Dearborn das Stammwerk Browns Lane in Coventry, wo bis September nächsten Jahres die Fahrzeugfertigung eingestellt wird und mehr als 1100 Stellen wegfallen. Der Katzenjammer in Coventry, aber auch in England überhaupt ist groß, nimmt doch die Befürchtung zu, dass mit der Straffung für Jaguar der Anfang vom Ende eingeläutet sein könnte. Natürlich stellt sich nach den teuren Erfahrungen von BMW bei Rover allmählich wieder die Frage, wie sinnvoll das deutsche Engagement bei Bentley (VW) und Rolls-Royce (BMW) aus heutiger Sicht wirklich ist.
Dass zumindest Ford klar Schiff machen will, belegt auch der gleichzeitig verkündete Ausstieg aus der Formel 1 zum Saisonende. Ford kalkuliert für den Doppel-Abschied in diesem Jahr 375 Mill. Dollar außerordentliche Belastungen und würzte die bad news für die betroffenen Sparten mit good news für die Investoren: Die Gewinnerwartung für 2004 wurde angehoben.
(Börsen-Zeitung, 18.9.2004)
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