Börsen-Zeitung: Kommentar zu den Stellenabbau- und Kostensenkungsplänen von General Motors in Europa von Peter Olsen: Sanierung ohne Konzept
Frankfurt (ots)
Nun hat die Führung von GM Europe endlich die Katze aus den Sack gelassen. 12000 Stellen, also jede fünfte in Europa, sollen schnellstens abgebaut werden, die Kostenstruktur um jährlich 500 Mill. Euro erleichtert werden. Die Verantwortlichen von GM Europe nennen dies Sanierungsprogramm. Das Wort Sanierung bedeutet für gewöhnlich nicht einfach, dass mit einem Kostenschnitt das Problem beseitigt ist und sogleich wieder zum Geldverdienen übergegangen werden kann. Zur nachhaltigen Sanierung gehört in der Tat auch eine Perspektive, an der sich Management und Beschäftigte ausrichten können. Damit kommen wir zu dem zweiten Versprechen: Programm.
Und gerade programmatisch bleiben die Aussagen von GM-Europe-Chef Fritz Henderson schwach. Natürlich hege man trotz des jetzt verkündeten Rückschnitts weiter Wachstumspläne in Europa. Wegen des Preis- und Wettbewerbsdrucks könne der Autokonzern aber auf dem alten Kontinent nicht schnell genug wachsen, um die heutige Kostenbasis zu verdienen.
Gewiss, im größer gewordenen Europa hat die Intensität des Wettbewerbs zugenommen, Überkapazitäten prägen das Bild und drücken auf die Margen. Davon können auch Konkurrenten wie Fiat, Ford oder VW ein Lied singen. Den Marktanteilsverlusten der einen stehen aber gleichwohl die Marktanteilsgewinne anderer Anbieter gegenüber, ob von BMW im höherpreisigen Segment oder von japanischen und koreanischen Marken im angestammten Opel-Revier.
GM Europe zahlt jetzt die Zeche für eine anhaltend unstete Geschäftspolitik. Zwar setzte Opel mit Fahrzeugen wie Corsa, Frontera, Zafira oder Meriva durchaus immer wieder konzeptionelle wie technische Glanzlichter. Zugleich aber wurde zeitweise die Qualität vernachlässigt und auch das Gesamtangebot gerade auf das wettbewerbsintensive und margenschwächere mittlere bis untere Segment nach unten geschleust. Mit dem Auslaufen des Omega fehlt ein Angebot in der gehobenen Mittelklasse, die Oberklasse hat Opel mit dem Senator schon früher geräumt.
Damit sind aber auch schon die wesentlichen Gründe der Unterauslastung genannt. In Rüsselsheim wurde regelrecht um den Zuschlag für die Produktion eines weiteren Modells gefleht, um das gerade erst errichtete modernste Werk des Konzerns in Europa auszulasten. Den Zuschlag für die nächste Zafira-Generation aber erhielt das polnische GM-Werk. Wenn jetzt angekündigt wird, dass auch in der Produktentwicklung gekürzt werden soll, dann verheißt das für die künftige Produktpipeline nichts Gutes. Es scheint, dass sich GM in Europa nichts mehr zutraut.
(Börsen-Zeitung, 15.10.2004)
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