Börsen-Zeitung: Die fehlende SAP-Prämie, Kommentar zum starken Quartalesergebnis des Softwareriesen von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Die Börse hat dem Walldorfer Softwareriesen SAP nicht den tosenden Applaus gespendet, der nach dem beeindruckenden Geschäftsverlauf zu erwarten gewesen wäre. Immerhin hat das Unternehmen im Kerngeschäft mit den Softwarelizenzerlösen selbst den obersten Rand der Analystenerwartungen noch deutlich überboten und einen zweiststelligen Zuwachs auch beim operativen Ergebnis gestemmt. Letzteres, obwohl bis Ende September bereits 2000 Neueinstellungen für Kostenauftrieb gesorgt haben.
Indes sind die Anleger einmal mehr vergrätzt durch die leisen Töne, die das Management im Hinblick auf den Jahresendspurt anschlägt. Immerhin wäre das vierte Quartal normalerweise das wichtigste in einem Turnus in diesem Jahr das erste mit einem einstelligen Plus im Neugeschäft. Auch wenn nach neun Monaten gesichert scheint, dass SAP die zu Jahresbeginn als ambitioniert angesehenen Wachstumsziele sicher erreichen wird, gibt eine abgeschwächte Dynamik im Schlussquartal doch Anlass zu Unkenrufen.
Skepsis lässt dabei weniger die Performance von SAP aufkommen. Schließlich gewinnt der Konzern seit vielen Monaten stetig Marktanteile und beweist damit, dass Produktportfolio und Vertriebsmannschaft besser aufgestellt sind als bei der Konkurrenz. Jedoch wirft der hohe Beitrag, den die Marktanteilsgewinne zum Wachstum leisten, naturgemäß kein gutes Licht auf das allgemeine Konjunkturklima und die Softwarenachfrage. Das Marktumfeld wird von SAP als noch immer hart bezeichnet. Dies lässt sich auch ohne weiteres an den Zahlen der Konkurrenz ablesen, die zwar im dritten Quartal ebenfalls positiv überrascht hat, aber nur insofern, als die Katastrophe wie im Vorquartal ausgeblieben ist. Während die Kundennachfrage Ende 2003 Aufbruchstimmung verhieß, sind solche Signale in diesem Jahr bis dato nicht aufgekommen. Im Gegenteil: Industrieumfragen deuten nicht darauf hin, dass bei den IT-Budgets nach langer Diät der berühmte Heißhunger einsetzen wird.
Dies alles mag dazu beitragen, dass sich der Anstieg der SAP-Aktie zunächst in Grenzen hielt, wie überhaupt der Kurs in diesem Jahr noch keine großen Sprünge gemacht hat. Im Augenblick spiegelt der SAP-Kurs keine besondere Prämie des Marktführers gegenüber der Konkurrenz, sondern eher eine Art Sippenhaft. Eine Prämie wäre aber zu rechtfertigen. Dafür sprechen allein zwei Punkte: SAP ist weniger amerikalastig als die Konkurrenz und kann daher vom anziehenden Geschäft in Europa profitieren. Und SAP wird noch längerfristig von der Sektor-Konsolidierung profitieren. Dem Jahr 2005 können die Anleger somit optimistisch entgegensehen.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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