Börsen-Zeitung: BP macht es nicht allen recht, Kommentar zum Ergebnis des britischen Ölkonzerns im 3. Quartal von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots)
Angesicht der anhaltenden Querelen bei Royal Dutch/Shell ist es dem großen Konkurrenten BP in diesem Jahr ein besonderes Vergnügen, sich gegenüber den Aktionären als Musterknabe zu profilieren. Der weltweit zweitgrößte Ölkonzern hat in diesem Jahr wenig falsch gemacht und die außerordentliche Ölpreisentwicklung voll zu nutzen gewusst. Auch was die längerfristige Sicherung von Potenzialen angeht, scheint BP mit der riskanten, aber weitsichtigen Strategie, auf die russische Produktion zu setzen, ein glückliches Händchen zu beweisen. Dennoch geben sich die Investoren ultrakritisch.
Im dritten Quartal konnte BP die Erwartungen im Prinzip übertreffen, nun aber zeigen sich die Anleger etwas verschnupft darüber, dass der Konzern kräftig steigende Sachinvestitionen für das laufende Jahr avisiert, die sich auch 2005 fortsetzen dürften. So gab die BP-Aktie trotz Rekordausweises nach, weil sich die Investoren Gedanken um den künftigen Verteilungsspielraum einer Cash-Kuh machen, die unter Druck steht, noch mehr an die Aktionäre zurückzugeben.
Chief Executive John Browne verspricht unablässig, dass der Gewinn je Aktie über Rückkaufprogramme weiter massiert wird, und kann dies vor dem Hintergrund des kräftigen Netto-Cashzuflusses auch mit gutem Gewissen tun. Trotzdem scheinen die Ansichten über eine angemessene Partizipation der Aktionäre an der Verteuerung des schwarzen Goldes auseinander zu gehen.
Dass sich BP höheren Investitionsausgaben gegenübersieht, ist in gewisser Weise die Kehrseite des Ölpreissegens. Er führt dazu, dass auch andere Parteien sich ein Stück des größeren Kuchens sichern wollen. So beobachtet man nicht zuletzt nachfragebedingt eine Erhöhung der Preise bei der begleitenden Zuliefer- und Service- Industrie. Gleichzeitig erhöhen sich Steuern und Regierungsabgaben in den Fördergebieten.
BP betont, dass neben höheren Service-Kosten im Produktionsbereich auch die Dollarkursentwicklung die Investitionslasten erhöht, und kann außerdem gute Argumente bringen, dass es gegenwärtig ein Fehler wäre, die Anstrengungen im Upstreamgeschäft einzuschränken. Schließlich bringt die Aussicht auf dauerhaft hohe Ölpreise Aspekte bezüglich der Nutzung von Ölfeldern mit sich, deren Grenzkosten in Niedrigpreisphasen unter die Rentabilitätsschwelle fallen. So müssen sich die Anleger darauf einstellen, dass die Ölriesen den gegenwärtigen Segen nicht einseitig dazu nutzen wollen, die Verteilungsschleusen zu öffnen. Gerade weil sich der Markt so lukrativ entwickelt, unternehmen die Ölförderer neue Anstrengungen auf der Produktionsseite, die kräftig Kapital binden.
(Börsen-Zeitung, 27.10.2004)
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