Börsen-Zeitung: SEC steht sich selbst im Weg, Kommentar zur Reform des Aktienhandels von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Der Vorstoß der US-Wertpapieraufsicht zum Reform des Aktienhandels ist nicht tot. Er riecht nur ein wenig streng. Zwei Wochen vor der geplanten Abstimmung der Securities and Exchange Commission (SEC) ist absehbar, dass das Votum zumindest vertagt werden wird. An Wall Street hat sich in den vergangenen Tagen Unmut geregt, dessen Ausmaß über das regulatorischen Neuerungen üblicherweise vorangestellte Protestritual weit hinausgeht. Nach dem Brokerhaus Bear Stearns hat mit Fidelity nun einer der mächtigsten Institutionellen die Aufsicht kritisiert und eine angemessene öffentliche Debatte eingefordert.
Die Marktakteure fühlen sich zu Recht übergangen: Presseberichten hatte die Branche in der vergangenen Woche entnehmen müssen, dass die im Februar erstmals vorgestellten Pläne mittlerweile empfindlich abgeändert wurden. Bislang mussten US-Börsen Wertpapieraufträge nur dann an andere Plätze weiterleiten, wenn deren bester Kurs dem Anleger eine günstigere Ausführung verhieß. Nun soll dieses Bestpreis-Prinzip auf das gesamte Orderbuch ausgeweitet werden. Eine solche Neuerung stellte das hybride Marktmodell aus Parkett und elektronischem Handel in Frage, das die New York Stock Exchange (Nyse) erst Anfang August bei der Aufsicht zur Genehmigung eingereicht hat. Denn eine Ausweitung des Bestpreis-Prinzips setzte voraus, dass die Specialists auf dem Nyse-Parkett ihr Buch offen legen. Sollte die SEC darauf gesetzt haben, diese Reform so geräuschlos zu verabschieden, wie sie offenbar ausgeheckt worden ist, dann ist dieses Kalkül fehlgeschlagen. Vielmehr sehen sich die Wertpapieraufseher nun mit dem unschönen Vorwurf konfrontiert, nicht dieselbe Transparenz zu pflegen, die sie ihrerseits bei den US- Börsen einfordern.
Mit ihrem Verhalten gefährdet die SEC eine grundsätzlich begrüßenswerte Reform. Denn mit einer höheren Anzahl sichtbarer Quotes würde die Transparenz im Markt erhöht, und die Investoren erhielten prinzipiell bessere Preise. Am Ende der Entwicklung stünden zwar nach wie vor verschiedene Börsen, im Ergebnis aber eine Art zentrales Orderbuch. Der Teufel steckt gleichwohl im Detail: Auf dem Nyse-Floor etwa, der nicht annähernd so schnell arbeitet wie elektronische Marktplätze, erleben gerade große Player wie Fidelity stets aufs Neue, wie sich ein vermeintlich bester Preis während der Ausführung zu ihrem Nachteil verändert. Bear Stearns muss die Reform freilich schon deshalb kritisieren, weil die Investmentbank als Eigentümer einer der Specialists der Nyse Verlierer der Reformen wäre. Will die SEC die Interessen der Investoren gegen solche Widerstände durchsetzen, darf sie in der Form keine Angriffsfläche bieten.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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