Börsen-Zeitung: Tui olé, Kommentar zum Tui-Deal der WestLB von Gottfried Mehner
Frankfurt (ots)
Ein großer Wurf ist bei der Neuordnung der Aktionärsstruktur des Tui- Konzerns wirklich nicht gelungen. Dazu halten sich die neuen Akteure viel zu sehr im Hintergrund und zu weit von der 30%-Marke entfernt, ab der ein wirklicher Gestaltungswille deutlich würde. Aber dann hätte ja ein Übernahmeangebot für den Restbesitz vorgelegt werden müssen, und dies galt es partout zu vermeiden. In diesen schwierigen Zeiten will sich offensichtlich niemand einen Touristikkonzern ans Bein binden, auch nicht mit einem hochinteressanten Schifffahrtsteil. Nicht mal in den Aufsichtsrat wollen Riu und Co ihre Mannen derzeit schicken.
Etwas spanisch kommt einem die Lösung schon vor: Will jetzt die Hotelkette Riu in einer Art Rückwärtsintegration den größten europäischen Reiseveranstalter dazu benutzen, die eigenen Bettenburgen mit deutschen Pauschalurlaubern vollzuschaufeln? Es geht immerhin um 110 Häuser mit 50000 Betten. Ist dies ein ernst gemeinter Versuch, Touristenströme von den preiswerteren Zielen Türkei, Ägypten, Kuba oder Bulgarien in Richtung Balearen umzuleiten? Nur noch ein Drittel der Tui-Bucher zieht es derzeit nach Spanien. Oder will Riu nur andere Konkurrenten blockieren? Für einen integrierten Tourismuskonzern drohen hier systemsprengende Unwuchten.
Natürlich kann man dem Tui-Management die Erleichterung nachfühlen, dass endlich die Hängepartie mit dem Großaktionär WestLB beendet wurde, obwohl die gesamte Tui eine in der Wolle gefärbte Veranstaltung von Friedel Neuber ist. Im Abschluss 2003 musste die WestLB jedenfalls zuerst die Buchwerte bei Tui von 20 auf 16,50 Euro je Aktie abschreiben, damit die Bewertung in realistische Gefilde ankam und ein Verkauf möglich wurde. Jetzt kann sogar noch ein kleiner, gesichtswahrender Buchgewinn vereinnahmt werden. Gleichzeitig stellt sich natürlich die Frage, warum die WestLB nicht selbst diesen Deal strukturieren konnte und auf die Hilfe der Deutschen Bank angewiesen war.
Für Tui geht ein turbulentes Jahr zu Ende. Das existenziell erschütterndste Ereignis war aber nicht der WestLB-Ausstieg, sondern der Fast-Rausschmiss aus dem Dax. Auf dieses Ereignis hatten alleine an einem Tag fast 50 Millionen Aktien gewettet. Das entsprach 28% des gezeichneten Kapitals und war wohl die größte Baissespekulation des Jahres. Einer solchen Situation will kein Management ein zweites Mal ausgesetzt sein. Damit dies nicht wieder passiert, wurden die Listingpläne von Hapag-Lloyd aufgegeben. Eine zusätzliche Sicherheit würde ein verlässlicher Aktionärskreis darstellen. Es sieht eher nach einem Übergangsgebilde aus. Gleichwohl hilft der größere Free Float.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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