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Börsen-Zeitung: Kommentar von Bernd Wittkowski zum Margenverfall bei Krediten: Margenmenetekel

Frankfurt (ots)

„MAN verbessert Kreditkonditionen.“ „Sanofi
refinanziert 5 Mrd. Euro.“ „Neue Kreditlinie für Metro.“ Drei
Nachrichten vom vorigen Mittwoch. Es scheint kaum eine prominente
Adresse in Industrie und Handel zu geben, die nicht dabei ist,
Verbindlichkeiten umzuschulden. Ohne die genannten Fälle im Detail
beurteilen zu wollen: Sie stehen symptomatisch für eine
Finanzierungsorgie, die zurzeit abgeht und die angesichts der
ausgehandelten Konditionen für die Schuldner toll, für die Banken
aber geradezu fatal ist. Denn auch hier gilt „Geiz ist geil“, und
zwar auf der Nehmerseite. Derweil unterbieten sich die Geber
gegenseitig, als ob jemand den Geldschlussverkauf ausgerufen hätte.
Der Margenverfall ist ein Menetekel. Kredit zum Spread von 12
Basispunkten über Einstandskosten gefällig? Nichts ist unmöglich.
Manche Banken „leben“, so man denn davon leben könnte, lieber von den
12 Basispunkten, als null Zinsertrag zu haben. Da regiert die pure
Not. Andere verfügen über ungenutztes Eigenkapital und pumpen ihr
Geld auf Teufel komm raus in den Markt, wo sie glauben, bonitätsmäßig
halbwegs auf der sicheren Seite zu sein. Auch wenn von Ausreißern
nicht auf die allgemeine Lage am Kreditmarkt geschlossen werden kann:
Für Unternehmen, die nicht gerade in der Bredouille stecken, lohnt es
sich dieser Tage offenbar allemal, die Kreditgeber um eine
Schuldenrestrukturierung zu bitten. Eine Halbierung der bisherigen
Marge von vielleicht 40 oder 50 Basispunkten zulasten der Bank
scheint immer drin, zumal wenn lukrative Zusatzgeschäfte in Aussicht
gestellt werden – ein typischer Käufermarkt. Das Kreditgewerbe mag
unisono die katastrophale Margenkultur beklagen, aber – so wird
gleichzeitig eingeräumt – die Unternehmen finden immer ein paar
Adressen, die auf ihre Forderungen eingehen. Die Bank, die zugibt,
dass sie dabei ist, wird man indes vergeblich suchen.
Vor ein, zwei Jahren hatten sich die Banken unter dem Eindruck
leidvoller Erfahrungen geschworen, nie wieder bei dem ruinösen
Preiswettbewerb mitzumachen. Und in der Tat: Die Spreads zogen
spürbar an, am Kredit war wieder etwas zu verdienen. Alles vergessen.
Längst ist der Trend gekippt. Die Häuser, die konsequent bleiben,
scheinen in der Minderheit zu sein. Aber unter den Kampfkonditionen
der anderen leiden auch jene, die sich heraushalten: Ihnen fehlen
Geschäft und Erträge. Für die Preisverderber mag die Rechnung
kurzfristig aufgehen. Aber längerfristig wird mit den – aus
Kreditnehmersicht – Schnäppchen- Finanzierungen die Saat für die
nächste Ertragskrise der Banken gelegt. Dann beginnt das Umdenken
aufs Neue, und der Schuldnerchor darf einmal mehr sein Klagelied von
der Kreditklemme anstimmen.
(Börsen-Zeitung, 28.12.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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