Börsen-Zeitung: Kommentar von Ulli Gericke zum Kursverlust der Schering-Aktie: Angeschlagene Schering
Frankfurt (ots)
Wie gewonnen, so zerronnen. Als der Pharmakonzern Schering vor ziemlich genau vier Monaten berichtete, dass die US- Arzneimittelzulassungsbehörde FDA das Krebsmittel Bonefos wegen seiner wichtigen therapeutischen Fortschritte prioritär prüfen wolle, schoss der Kurs des Berliner Dax-Wertes um fast 5% nach oben auf 49,48 Euro. Als die FDA jetzt jedoch in einem Approvable Letter zusätzliche Daten anforderte, kassierte der Markt ebenjene 5% wieder ein.
Damit ist zumindest fürs Erste ein bemerkenswerter Höhenflug zu Ende. Seit vergangenem März kletterte der Schering-Kurs nahezu ununterbrochen, von gut 37 auf nahezu 57 Euro. Kein Wunder, wenn einigen Analysten angesichts dieses Erfolgs die Luft zu dünn wird und sie den Wert zurückstufen.
Denn was genau der Approvable Letter bedeutet, weiß noch keiner. Klar ist nur, dass die FDA das Krebspräparat Bonefos für zulassungsfähig hält allerdings noch weitere Informationen zur Prüfung benötigt. Diese Daten können im besten Fall binnen Wochen bereitgestellt werden. Im schlechtesten Fall der Fälle werden zusätzliche klinische Studien nötig, die jahrelang dauern können. Damit stehen nach Ansicht einiger Analysten zusätzliche Erlöse von bis zu 800 Mill. Euro zur Disposition oder knapp ein Sechstel des momentanen Schering-Umsatzes. Bei einer geschätzten operativen Marge von reichlich 40% verschiebt sich mit dem Approvable Letter ein potenzielles Betriebsergebnis von 350 Mill. Euro etwa die Hälfte des 2003er-Werts.
So gesehen kann der Abschlag vom Freitag noch als glimpflich gewertet werden. Ist diese Einschätzung richtig, dürften dem Aktienkurs unsichere Zeiten bevorstehen, weil der Markt weitere Rückschläge befürchtet. Zudem steht mit dem völlig überraschenden FDA-Brief zwar nicht die für 2006 angestrebte operative Marge von 18% in Frage. Wohl aber die weitere Verbesserung der Gewinnspanne in den Jahren danach auf das international übliche Niveau von dem Schering nach wie vor meilenweit entfernt ist.
So richtig und wichtig die Sanierungsarbeiten der vergangenen Monate waren, dürfen die ehrgeizigen Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen künftig nicht nachlassen. Denn wenn auch mit Fehlschlägen bei der Zulassung immer zu rechnen ist, gibt es doch keinen anderen zukunftsträchtigen Weg für einen Pharmaspezialisten wie Schering.
(Börsen-Zeitung, 8.1.2005)
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