Börsen-Zeitung: Frühwarnung geboten, Kommentar zu den Kapitalflüssen in die Emerging Markets von Christian Burckhardt
Frankfurt (ots)
Es gibt Anlass zur Freude: Privates Kapital für Aktien- und Direktinvestitionen strömt so stark wie seit acht Jahren nicht mehr in die Schwellenländer. Dieser Zufluss an privatem Geld hat sich 2004 mit insgesamt 279 Mrd. Dollar gegenüber 2002 mehr als verdoppelt. Allein die Netto-Investitionen in Aktien mit Fokus Asien (60% Anteil) und Osteuropa (16%) legten nach Daten des Institute of International Finance (IIF) um 43 Mrd. Dollar oder fast ein Drittel auf 165 Mrd. Dollar zu. Das Tief nach dem Platzen der IT- Blase vor fünf Jahren ist vergessen. Und die Prognose 2005 lautet: Der Geldstrom bleibt mit 276 Mrd. Dollar kräftig.
Die im IIF zusammengeschlossen 340 global führenden Finanzdienstleister können jubeln. Beängstigend ist allerdings die Dynamik der Entwicklung. Sie birgt Rückschlagsrisiken, die von den Marktteilnehmern stärker einkalkuliert werden sollten. Eine Zunahme des Kapitaltransfers ist an sich willkommen, hilft er doch dem Wachstum dieser Länder und auch dem der entwickelten Industriestaaten via Exporte. Und die hohen bzw. verbesserten Wachstumsraten und -aussichten in vielen Ländern Asiens, Osteuropas und Lateinamerikas sprechen für solide Investments. Eine gute Nachricht ist auch, dass zunehmend private Geldgeber aus Schwellenländern in Schwellenländer investieren.
Gleichwohl: Das Tempo, mit dem der Kapitalzufluss in aufstrebende Regionen wächst, muss beunruhigen. Es mutet ungesund an. Dahinter steht die teils verzweifelte Jagd nach Renditen in einem globalen Umfeld mit überreichlicher Liquidität, mit historisch niedrigen Zinsen und mit einer noch immer zu expansiven Geldpolitik in den führenden Industriestaaten. Diese Konstellation ist brisant: Sie fördert eine makroökonomische Überhitzung, die Fehlleitung von Kapital in ineffiziente Strukturen, lässt wie schon zu beobachten die Risikoaversion der Anleger erheblich sinken und erhöht die Gefahr eines abrupten Umschwungs an den Märkten durch relativ geringe Impulse. Auch deshalb ist die Angst an den Märkten vor einem schärferen zinspolitischen Restriktionskurs der US-Notenbank Fed groß.
Das Barometer der Frühwarnindikatoren für Finanzkrisen steigt. Es ist Zeit, dass Notenbanker, Finanzaufseher und -politiker intensiver vor den Risiken warnen und ihr Möglichstes tun, um diese zu begrenzen.
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