Börsen-Zeitung: Die Zinswende ist da, Kommentar zu den Kursverlusten am Bondmarkt von Dieter Kuckelkorn
Frankfurt (ots)
Alle haben auf sie gewartet, nun ist sie da: Die heftig ausgefallenen Kursverluste am Bondmarkt vom Freitag dürften das Signal zur Zinswende gegeben haben. Dass die bereits jetzt als unnatürlich niedrig empfundenen Renditen insbesondere am langen Ende weiter nachgeben, ist unwahrscheinlich.
Am Markt war am Freitag angesichts der ausgeprägten Korrektur erhebliche Nervosität zu spüren. Auslöser der Verluste war in erster Linie der unerwartet starke Anstieg der Kernrate der US- Erzeugerpreise. Durch den Ausweis der Zahlen ist die US-Notenbank auf dem falschen Fuß erwischt worden. Fed-Chairman Alan Greenspan hatte bei seinem Humphrey-Hawkins-Auftritt signalisiert, dass die Inflation kein Problem darstelle. Immerhin scheint sich nun das Rätsel der Kombination von sinkenden Renditen und steigenden Leitzinsen, für das Greenspan keine Erklärung parat hatte, von selbst zu erledigen.
Trotz der Verunsicherung und des negativen Sentiments wäre es in der gegenwärtigen Situation jedoch übertrieben, von einem Crash zu sprechen. Im Juni 2004 hat es einen noch ausgeprägteren Rückgang des Bund-Future gegeben. Und von Juni bis September 2003 büßte das Bondmarkt-Barometer gar 750 Basispunkte ein. Derzeit sieht es danach aus, dass das Entweichen der heißen Luft aus der Bond-Bubble in halbwegs geordneten Bahnen verläuft auch wenn zuletzt zahlreiche hochspekulativ eingestellte Anleger auf den Zug sprangen und versuchten, mit Flattening Trades, die auf eine weitere Abflachung der Zinskurve setzen, den schnellen Euro zu machen. Diese Trades werden nun offensichtlich unter Inkaufnahme von Verlusten aufgelöst. Letztlich ist ein Crash eher unwahrscheinlich, weil sich die fundamentale Situation weitgehend unverändert darstellt. Die Fed hat (noch) kein stärkeres Anziehen der Zügel signalisiert, und mit einer ersten Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank wird nach wie vor erst in der zweiten Jahreshälfte gerechnet.
Allerdings könnte die Volatilität in den ersten Tagen der neuen Woche weiter hoch sein. Am Mittwoch wird es dann interessant: Man darf auf die Nachfrage nach den neuen zehnjährigen Bunds gespannt sein. Zu guter Letzt wird sich diese Woche zeigen, ob es auch in einem turbulenten Marktumfeld das erhoffte Interesse an den französischen Ultralangläufern gibt.
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