Börsen-Zeitung: Der nächste Aufstand, Kommentar zum geplanten Aktionärsbeirat der Deutschen Börse von Christopher Kalbhenn
Frankfurt (ots)
Der Brief der Deutschen Börse an den Hedgefonds-Betreiber TCI dokumentiert eindrucksvoll die Kehrtwende der Gesellschaft. Anstelle der ursprünglich geplanten Übernahme der London Stock Exchange wird das Unternehmen nicht nur seine üppigen Barmittel an die Anteilseigner auskehren und in einem ersten Schritt unverzüglich ein Aktienrückkaufprogramm über 450 Mill. Euro durchziehen. Auch bei der Forderung nach Veränderungen in der Corporate Governance bzw. nach mehr Mitsprache werden die rebellierenden Hedgefonds durch die Einrichtung eines Aktionärsbeirates bedient.
Das vom Vorstandsvorsitzenden Werner Seifert signierte Schreiben ist nicht ohne Absicht veröffentlicht worden. Deutlich ist das Bestreben zu erkennen, die Kapitalrestrukturierung und den Aktionärsbeirat als aus eigenem Antrieb verfolgte Strategie darzustellen. Auch wenn diese zum Teil bereits früher Gegenstand von Überlegungen des Unternehmens gewesen sind, führt jedoch nichts an der Tatsache vorbei, dass erst der massive Druck der Fonds bzw. die drohende Abwahl des Aufsichtsrates und damit indirekt auch des Vorstands die eigentliche Ursache der jetzt beschlossenen Maßnahmen ist.
Eines hat die Deutsche Börse aber erreicht: Zum Umsturz wird es nun nicht kommen. Denn die Gründe, aus denen TCI und Konsorten den Aufsichtsrat abwählen lassen wollten, bestehen nicht mehr. Selbst wenn die Rebellen auf der Abwahl von großen Teilen des Aufsichtsrates bestehen sollten, haben sie nun keine Chance mehr, dafür eine Mehrheit zu erhalten.
Vor ruhigen Zeiten steht die Deutsche Börse damit aber nicht. Vielmehr muss sie aufpassen, dass nicht an anderer Stelle der nächste Aufstand ausbricht. Dabei geht es um Teile der inländischen Finanzindustrie. Börsennutzer mit überwiegend lokaler Ausrichtung hatten schon bei dem Londoner Übernahmeprojekt das Gefühl, dass ihre Interessen von der Deutschen Börse nicht hinreichend berücksichtigt werden.
Nach dem Abbruch der Londoner Pläne und der Ankündigung von Aktienrückkäufen stellten sich einige Häuser die Frage, ob nun nicht der Shareholder Value bei der Deutschen Börse zu Lasten der Börsennutzer zu stark zur Geltung kommt. Dass auch noch ein Mitwirkungsgremium für Anteilseigner eingerichtet wird, dürfte diese Diskussion nur weiter anheizen.
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell