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Börsen-Zeitung: Unheimliches Panorama, Kommentar zum Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich von Christian Burckhardt

Frankfurt (ots)

Der Ölpreis steigt und steigt, alle stöhnen,
aber vor Inflation hat kaum einer Angst. Stattdessen erschallt immer
lauter der Ruf nach noch niedrigeren Zinsen in Europa und einer
Zinsstraffungspause in den USA, um die Ölpreisklatsche für den
privaten Verbrauch abzumildern. Nur wenige warnen vor dem Risiko
eines Finanzcrashs, das steigt und steigt, je länger die
Niedrigzinspolitik andauert. Immobilienpreisexzesse und die hohe
Verschuldung der privaten Haushalte in vielen Ländern sind die
Menetekel. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat
verdienstvollerweise im Jahresbericht 2005 über den Tellerrand
geblickt und aufgezeigt, was passieren kann, sollten die monetären
Impulse nicht bald gedrosselt werden.
Aber was nützt es, Alarm zu schlagen, wenn das Feuer nur eine
Option ist? Wer kann schon voraussagen, wann die Fehlentwicklungen
von heute den Grad erreichen, der das Desaster auslöst? Und selbst
wenn: Würden die Verantwortlichen auf Basis einer solchen Vorhersage
es wagen, den Zinskurs zu verschärfen? Im Zweifel obsiegen die kurz-
über die langfristigen Notwendigkeiten. Die Ökonomen sind ohnehin
ratlos und uneins darüber, wie all die Merkwürdigkeiten der neuen
Ökonomie mit liberalisierten Märkten, globalem Wettbewerb, mit wenig
Teuerung trotz niedriger Zinsen und Überschussliquidität zu erklären
sind. Und die BIZ betitelt die Einleitung des Berichts mit „So weit,
so gut“, dem einzigen gemeinsamen Nenner von Optimisten und
Pessimisten.
Darüber, dass die Weltwirtschaft mit einer Wachstumsrate von 4%
blüht, will keine Freude aufkommen. Denn dieses Wachstum ist
unausgewogen und ergo ungesund: zu viel Konsum, zu wenig
Investitionen, zu unterschiedlich regional verteilt, zu sehr monetär
subventioniert. Nimmt man dazu den rapiden Aufbau riesiger Risiken an
den Finanzmärkten durch die Jagd nach Rendite ins Visier, wirkt das
schöne Panorama beklemmend. An Tretminen ist kein Mangel. Völlig
offen ist für die BIZ der Ausgang der globalen Reise. Sie kann
wunderbar glimpflich verlaufen, mit einem Inflationsschub enden oder
in den Finanzcrash mit nachfolgender Deflation führen. Letzteres
Szenario ist wohl das wahrscheinlichste. Denn bei anhaltend
steigenden, die Konjunktur dämpfenden Ölpreisen könnten viele
Geldpolitiker dazu neigen, die dringliche Zinsnormalisierung weiter
aufzuschieben.

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