Börsen-Zeitung: Ideenreiche Landesbanken, Kommentar von Kai Johannsen zu den Strategien der Landesbanken, mit denen sich nach Wegfall der Anstaltslast Refinanzierungsvorteile noch sehr lange nutzen lassen
Frankfurt (ots)
Der zwischen der Bundesregierung und der EU im Jahre 2001 ausgehandelte Kompromiss sollte eigentlich dazu dienen, die leidige Beihilfedebatte um die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute endgültig vom Tisch zu bekommen. Als Termin für den Wegfall der umstrittenen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, die den Landesbanken und Sparkassen erhebliche Vorteile bei der Refinanzierung sicherten, wurde der 18. Juli d.J. gewählt.
Der mühsam ausgehandelte Kompromiss könnte jetzt allerdings de facto inhaltlich ausgehöhlt werden. Landesbanken erwägen jedenfalls Strategien, mit denen sich die beanstandeten Refinanzierungsvorteile noch sehr lange nutzen lassen.
Dem Vernehmen nach lassen einige Landesbanken juristisch prüfen, inwieweit auch heute vereinbarte ungenutzte Kreditlinien für Landesbanken Bestandsschutz genießen könnten. Juristen gestehen zwar eine gewisse Flexibilität in den Bestimmungen der Übereinkunft zwischen Berlin und Brüssel ein, melden aber andererseits erhebliche Bedenken hinsichtlich der Belastbarkeit vor Gericht an.
Es hat schon etwas von Torschlusspanik, wenn wenige Wochen vor dem endgültigen Wegfall der Staatshaftung der Wortlaut des Brüsseler Kompromisses auf derartige Umgehungsmöglichkeiten hin überprüft wird. Schließlich hatten die Institute mehrere Jahre Zeit, sich auf die geänderte Lage einzustellen. Möglicherweise sind bei einigen Instituten die Schmerzen durch die erhöhten Refinanzierungskosten ab Mitte Juli dennoch spürbar. Anders lassen sich derartige Erwägungen nicht erklären.
Die Angelegenheit hat noch einen weiteren pikanten Aspekt. Sollten Banken aus dem privaten Sektor tatsächlich den öffentlich- rechtlichen Instituten derartige Kreditlinien-Transaktionen mit dem Ziel der Konservierung der Staatshaftung vorschlagen, müssten sie sich kritische Fragen stellen lassen. Schließlich waren sie es, die weitgehende Vorbehalte gegenüber den Refinanzierungsvorteilen der öffentlich-rechtlichen Institute geäußert haben.
Die Landesbanken sind angesichts der vielen offenen Fragen sicherlich gut beraten, sich auf die veränderten Umstände einzustellen, statt darüber nachzudenken, mit welchen Formen der Grandfathering-Arbitrage sie die Abschaffung der Staatshaftung aushebeln könnten.
(Börsen-Zeitung, 30.6.2005)
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