Börsen-Zeitung: Attraktivität ist relativ, Kommentar von Annette Becker zum Halbjahresergebnis von Bayer
Frankfurt (ots)
Die Investorengemeinde in boomenden Börsenzeiten zufrieden zu stellen ist nicht einfach. Das bekam Bayer am Mittwoch zu spüren. Obwohl das operative Ergebnis im Halbjahr um annähernd 40% expandierte, im Konzernergebnis ein satter Sprung von 87% realisiert und die Prognose für das Gesamtjahr kräftig erhöht wurde, trafen die Leverkusener damit nicht den Geschmack der Börse. Die Aktie gab in der Spitze um 2,9% nach.
Ein Blick auf die von Bayer veröffentlichte Konsensprognose zeigt, warum die Enttäuschung so groß war: Wich die durchschnittliche Schätzung für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern nur um 15 Mill. Euro vom gezeigten Ergebnis ab, klaffte beim operativen Ergebnis inklusive Sonderposten eine Lücke zwischen Schätzung und Realität von 62 Mill. Euro. Nach negativen Sonderfaktoren von 138 Mill. Euro im ersten Quartal verbuchte Bayer auch in der Zeit von April bis Juni Sonderlasten von 106 Mill. Euro.
Dabei entfiel ein fast vernachlässigbarer Betrag von 17 Mill. Euro auf die Integration des OTC-Geschäfts von Roche. Die großen Brocken waren 74 Mill. Euro Vorsorge für Rechtsstreitigkeiten und 25 Mill. Euro für Restrukturierungen bei Cropscience. Ohne den erwarteten Sonderertrag von 200 Mill. Euro im Zuge der Umstellung der Altersvorsorgesysteme wird für 2005 mit Sonderlasten von 300 bis 350 Mill. Euro kalkuliert wohlgemerkt ohne weitere Rechtsfälle. In diesem Zusammenhang muss die Aussage nachdenklich stimmen, dass im Zusammenhang mit Kartellverstößen signifikante Aufwendungen erwartet werden. Aus gutem Grund findet die Börse an derartigen Risiken wenig Gefallen.
Mit Blick auf die Aktienperformance im bisherigen Jahresverlauf sollte die gestrige Kursreaktion jedoch auch nicht überbewertet werden. Während der Dax seit Jahresbeginn um 15% zulegte, weist der Dividendentitel von Bayer ein stolzes Plus von 28% auf. Da nimmt manch ein Investor schon einmal Gewinne mit. Mit einem KGV für 2006 von 14 ist Bayer zwar nicht überbewertet. Doch finden sich im deutschen Blue-Chip-Index eine Reihe von Titeln, die günstiger bewertet sind und zusätzlich mit einer attraktiveren Dividendenrendite winken. Hinsichtlich der Wachstumserwartungen sind die Investoren zwischenzeitlich zwar wieder auf Hype-Niveau angekommen. Die Zeiten, in denen Dividenden nur als Zubrot angesehen wurden, kommen so schnell jedoch nicht wieder.
(Börsen-Zeitung, 11.8.2005)
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell