Börsen-Zeitung: Übertriebene Sorgen, Kommentar zu Rezessionsängsten in den USA wegen des Hurrikans "Katrina" von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Die USA erleben eine Katastrophe. Der Wirbelsturm Katrina hat die Küste der US-Staaten Alabama, Louisiana und Mississippi zum Notstandsgebiet gemacht. Angesichts des Ausmaßes des Desasters geht in den USA inzwischen die Angst vor einer Rezession um, und die Situation ist, auch jenseits des menschlichen Leids, in der Tat brenzlig: Weil die Ölerzeugung im Golf von Mexiko, die für ein Viertel der US-Produktion steht, daniederliegt, hat sich die US- Regierung dazu entschlossen, die strategischen Ölreserven anzuzapfen. Selbst wenn die Produktion bald wieder anlaufen sollte, müssen zunächst die verlorengegangenen Raffinerie-Kapazitäten ersetzt werden. Neun Raffinerien sind ausgefallen, die Häfen der Region geschlossen. Der Schaden wird erst zu ermessen sein, wenn die Kommunikation wieder hergestellt ist.
Auch wenn die Anleger bereits mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum rechnen, wie aus einer Verflachung der US- Zinskurve im mittleren Laufzeitenbereich abzulesen ist, zu einer Rezession sollte es dennoch nicht kommen.
Zwar hat der größte Versicherungsfall seit dem 11. September 2001 und der vielleicht verheerendste Hurrikan überhaupt Schätzungen zufolge Schäden von bis zu rund 40 Mrd. Dollar erzeugt. Dies sind jedoch 40 Mrd. Dollar, welche in den kommenden Monaten investiert werden und die US-Konjunktur vielmehr ankurbeln dürften. Die Unterbrechung der Energieversorgung und in deren Folge kletternde Preise für Öl und Benzin haben zweifelsohne negative Folgen. Schon seit längerem aber erweist sich die US-Wirtschaft gegenüber den Auswirkungen der Energiepreise als recht resistent. Denn je stärker in den Vereinigten Staaten das Dienstleistungsgewerbe an Bedeutung gewonnen hat, umso mehr ist der Einfluss der energieintensiven Sektoren auf die Konjunktur geschwunden.
Es ist noch nicht lange her, da entwarfen Ökonomen ein Szenario aus Inflation, Unternehmenspleiten und Rezession für den Fall, dass sich ein Fass Öl auf über 50 Dollar verteuern sollte. Am New Yorker Terminmarkt ist ein Barrel zur Lieferung im Oktober bis zum gestrigen Dienstag auf über 70 Dollar gestiegen. Die US-Konjunktur brummt dennoch. Dank niedriger Zinsen und eines zuletzt unerwartet starken Arbeitsmarktes hat sie im zweiten Quartal um 3,3% zugelegt. Eine Rezession sieht anders aus
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