Börsen-Zeitung: Allianz erfindet sich neu, Kommentar von Michael Flämig zum Konzernumbau bei der Allianz
Frankfurt (ots)
Seit Tagen hat der Finanzplatz Deutschland über die Pläne der Allianz gerätselt. Nun ist die Katze aus dem Sack. Der Marktführer packt seine deutschen Versicherungsaktivitäten in eine Holding, verschmilzt sich mit der italienischen Tochter Ras, gründet eine europäische Aktiengesellschaft und zapft den Kapitalmarkt an. Wie umwälzend die Änderungen sind, zeigt ein Detail: Die Allianz gibt für das volatile Versicherungsgeschäft ungewöhnlich eine Dividendenaussage für das laufende Jahr ab. In den vielfältigen Neuerungen sind zwei verbindende Elemente zu entdecken. Erstens versteht sich die Allianz internationaler. Zweitens verringert sie ihre Komplexität.
Augenscheinlichster Beleg für die Internationalisierung ist die Umwandlung in eine europäische Gesellschaft, die Fusionen erleichtert. Vielsprachigkeit auch im Vorstand: Dort sind künftig neben Deutschland fünf Nationalitäten vertreten, während bisher nur zwei Ausländer Mitspracherecht hatten. Die Multikulti-Übung ist kein Selbstzweck, sondern Ausdruck des Expansionswillens in Europa. München bleibt zwar der Unternehmenssitz und Deutschland mit fast einem Drittel der Beitragseinnahmen der Heimatmarkt. Aber mit der Ras-Übernahme wächst die Bedeutung Italiens. Auch in der Schweiz kommt die Allianz voran. Nur in Frankreich bleibt sie auf halbem Weg stehen. Der Komplettkauf der AGF wäre zu teuer gewesen. Insgesamt gewinnt die Allianz aber Gestaltungskraft in Europa.
Die verringerte Komplexität drückt sich einerseits in dem Lichten des Beteiligungsdschungels von Ras und Allianz aus. Andererseits wird eine Deutschland-Holding geschaffen, die ein einheitliches Auftreten beim Kunden ermöglicht. Dort kann nun Kapital zwischen Schaden/Unfall und Leben/Kranken flexibler verschoben werden. Der Charme der Neuaufstellung: Sie verbindet Expansion durch ein einheitliches Auftreten mit Rationalisierung durch Bündelung im Back Office. Ein Problem bleibt die rechtlich unmögliche Einbeziehung der Dresdner Bank.
Vorstandsvorsitzender Michael Diekmann treibt seine Projekte Internationalisierung und Komplexitätsreduktion konsequent voran. Ihm ist ein großer Wurf gelungen, die Allianz erfindet sich neu. Allerdings muss diese Strukturänderung, gegen die es Widerstand bis ins höchste Management hinauf gab, nun umgesetzt und gelebt werden.
(Börsen-Zeitung, 13.9.2005)
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