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Börsen-Zeitung: Falsches Feindbild, Kommentar zur Mitgliederversammlung der Volks- und Raiffeisenbanken von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Die Kreditgenossen – notorische Streithansel?
Gott behüte! Was vom Publikum als permanente Schlammschlacht
wahrgenommen wird, sei in Wirklichkeit Willensbildung von unten nach
oben und konstruktiver Ideenwettbewerb. So interpretieren manche
Repräsentanten das Selbstverständnis ihrer Gruppe. Und an solcher
Basisdemokratie ist ja – im Prinzip – auch gar nichts auszusetzen.
Sie ist ein Wesensmerkmal der dezentralen Verbünde. Die Sparkassen
pflegen eine ähnliche „Streitkultur“.
Man kann’s aber auch übertreiben. Aktuell probt eine lautstarke
Minderheit den Aufstand gegen BVR-Präsident Christopher Pleister. Für
die Rebellen ist die heutige Mitgliederversammlung eine willkommene
Chance zur Abrechnung, indem sie dem bis Ende 2009 gewählten Pleister
bei der Entlastung das Plazet verweigern. Damit ist zwar angesichts
der zu erwartenden Zahl von Gegenstimmen nichts gewonnen, aber die
Opposition kann immerhin Frust ablassen. Ihre Motive: Kleine
Institute fühlen sich unzureichend vom BVR vertreten und in Gremien
unterrepräsentiert. Zudem wird Pleister vorgeworfen, dass er zugleich
Aufsichtsratsvorsitzender der DZ Bank ist. Somit fehle es ihm im
(stets angespannten) Verhältnis zur WGZ Bank an Neutralität. Die
Kritik ist geradezu absurd. So viel Mitwirkungs-, Einfluss- und
Kontrollmöglichkeiten der Basis wie bei den Genossen gibt es
nirgendwo in der Wirtschaft. Und in seine Mandate – die Personalunion
ist kein Spezifikum der Genossen – hat sich Pleister ja nicht
geputscht. Legitimierte Gremien haben ihn gewählt und wiedergewählt.
Doch dass er seinen Job hervorragend macht und die Gruppe prima
repräsentiert, scheint mitunter nur außerhalb des Verbundes
unstrittig zu sein.
Gerade noch schien es, als wollten sich die Genossen
zusammenraufen. Die DZ Bank wird von ihren Aktionären ermuntert, die
Sondierungen mit der WGZ Bank auf Basis des bisher Erreichten
fortzusetzen. Doch prompt stehen die Zeichen wieder auf
Konfrontation, wobei jene, die den BVR attackieren, natürlich auch
die DZ Bank treffen wollen. Aber wie so oft haben die Dissidenten das
falsche Feindbild. Wer im Wettbewerb gewinnen will, muss sich mit den
Wettbewerbern auseinander setzen. Mit ihren überflüssigen internen
Machtkämpfen hingegen schaden sich die Genossen nur selbst. Sie
vergeuden Kräfte, die sie besser zum Nutzen der Kunden einsetzen
sollten, um verlorene Marktanteile zurückzuerobern.

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