Börsen-Zeitung: Villepin vergaloppiert sich, Kommentar von Gerhard Bläske zu Forderungen des französischen Staates an Hewlett-Packard, angeblich erhaltene Subventionen zurückzuzahlen
Frankfurt (ots)
Entlassungen in Privatunternehmen werden in Frankreich leicht zum Politikum. Als der Computer-Hersteller Hewlett-Packard den Abbau von 1240 Stellen in Frankreich bekannt gab, sah Premierminister Dominique de Villepin darin eine Chance, sich zu profilieren. Er forderte die Rückzahlung von Subventionen, die das Unternehmen erhalten habe. Patrick Starck, Frankreich-Chef des US-Konzerns, konterte in einem Interview des Figaro, HP habe nie Staatshilfen erhalten und im Gegenteil sogar in den letzten zehn Jahren mehr als 700 Mill. Euro Steuern gezahlt.
De Villepin hat da möglicherweise den Mund aufgemacht, bevor er sich über den Sachverhalt richtig informiert hat. Das würde gut zu seinem Regierungsstil passen. In seinem Bemühen, ja nicht seinen Rivalen, Innenminister Nicolas Sarkozy, das erste Wort zu überlassen, ist der Premierminister enorm medienpräsent und schießt bisweilen über das Ziel hinaus.
Bei seiner jüngsten Intervention, die ein Gewerkschaftler wohl nicht ganz zu Unrecht als Medientheater abqualifizierte, hat sich de Villepin aber letztlich keinen guten Dienst erwiesen. Vermutlich wollte er den Fehler eines seiner Vorgänger, des linken Premiers Lionel Jospin, vermeiden, der einst zu Stellenabbauplänen des Reifenherstellers Michelin gesagt hatte, da könne er nichts machen. Jospin war daraufhin massiv unter Druck geraten und richtete eine Kommission ein, die Entlassungspläne auf ihre Stichhaltigkeit kontrollieren sollte.
Nun ist Villepin gerade mit seinen voreiligen Erklärungen in die Defensive geraten, hat er doch ähnliche Pläne des Telekomanbieters Neuf-Cegetel oder von STMicroelectronics nicht kommentiert. So gerät er in Verdacht, nur Ausländer im Visier zu haben, was wiederum Auslandsinvestoren vergrätzt. Dabei könnten Villepin und seine Regierung durchaus etwas tun, um Arbeitsplätze bei Hewlett-Packard zu retten. Es ist nämlich vor allem die 35-Stunden-Woche, die die Wettbewerbsfähigkeit des Landes verschlechtert. Während bei Hewlett- Packard in Frankreich pro Jahr nur 206 Tage gearbeitet wird, sind es anderswo 212 oder gar 218 Tage. Es ist an Paris, die Bedingungen zu schaffen, dass Frankreich attraktiv bleibt und mehr gearbeitet werden kann. Mal sehen, was HP-Europa-Chef Francesco Serafini bei seinem Treffen mit Beschäftigungsminister Gérard Larcher erreicht.
(Börsen-Zeitung, 27.9.2005)
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