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Börsen-Zeitung: Schwarz-roter Showdown, Kommentar von Angela Wefers zu den Koalitionsgesprächen zwischen CDU und SPD

Frankfurt (ots)

Der Durchbruch ist geschafft. Union und SPD
wollen Koalitionsgespräche führen, um eine gemeinsame Regierung zu
bilden. Nur noch die leidige Frage von Kanzler oder Kanzlerin ist zu
lösen. Dazu treffen sich heute Nachmittag Angela Merkel und Edmund
Stoiber auf der Unionsseite mit Franz Müntefering und Gerhard
Schröder für die SPD zum Showdown.
Im Gespräch unter acht Augen kommen die Karten auf den Tisch. Die
SPD hat hoch gepokert, indem sie ihren Führungsanspruch immer wieder
erneuerte, obwohl sie weniger Stimmen errang als die Union – so
lange, bis die Lage nahezu verfahren schien. Schröders Verzicht auf
das Kanzleramt, dem er gestern nach der dritten Sondierung erneut
Nahrung gab, kann die SPD nun elegant als Teil eines Gesamtpaketes
präsentieren. Der Abgang ohne Gesichtsverlust ist vollbracht, wenn
sich der scheidende Kanzler damit in den Dienst der Partei stellt.
Dem Führungsanspruch Merkels steht nichts mehr im Wege. Unter den
Heckenschützen aus den eigenen Reihen sind nur die bekannten Merkel-
Gegner Horst Seehofer und Friedrich Merz aus der Deckung gekommen.
Der Rest der Partei steht.
Die SPD wird für das Kanzleramt einen hohen Preis fordern. Ein
möglicher wäre das Amt des Bundestagspräsidenten, protokollarisch der
zweithöchste Posten im Staat noch vor dem Kanzler. Möglich ist auch,
dass sich die SPD den Verzicht mit möglichst vielen Ministerien
vergüten lassen wird. Damit steht Merkel vor ihrem Hauptproblem: Eine
Mehrheit der SPD im Kabinett bei heute 13 Ministerien würde eine
Patt-Situation herbeiführen. Das kann sie kaum akzeptieren. Abhilfe
könnte eine andere Zahl der Häuser mit neuem Zuschnitt schaffen.
Zudem ist die Union ohnehin schwächer aufgestellt, weil sie ihre
Posten auf CDU und CSU verteilen muss. Stoiber sitzt als starker Mann
aus Bayern mit am Kabinettstisch. Sicher ist, dass das Regieren für
Merkel damit nicht leichter wird.
Inhaltlich hat die SPD wichtige Forderungen genannt: verbesserte
Entscheidungsstrukturen im föderalen Staat, mehr Ressourcen für
Forschung und Bildung und staatliche Flankierung zur Förderung von
Schlüsselfeldern wie der Kommunikations-, Bio- und Nanotechnologie.
Fortsetzen will sie die Reform der Sozialsysteme. Bei allem kann die
Union mitziehen. Die kritischen Punkte bleiben bis zu den
Koalitionsverhandlungen aber noch offen.
(Börsen-Zeitung, 6.10.2005)

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