Börsen-Zeitung: Bank der neuen Fragen, Kommentar von Carsten Steevens zur Lage und den Aussichten bei der WestLB
Frankfurt (ots)
Es ist atemraubend, wie Thomas Fischer das Ruder bei der WestLB herumgerissen hat. Die Bank ist zwar immer noch dabei, ihre jüngere Vergangenheit zu bewältigen, aber sie ist unter der Führung des überaus selbstbewussten und charismatischen Vorstandschefs erstaunlich schnell von der krisenbedingten Defensive in die Offensive übergegangen. Die WestLB wirbt inzwischen als Bank der neuen Antworten für sich, doch wie sie sich in Zukunft im Markt und innerhalb des Sparkassenlagers positioniert, diese Frage bleibt vorerst offen.
Fast auf den Tag genau zwei Jahre ist es her, dass Fischer paukenschlagartig zum Vorstandsvorsitzenden des von Milliardenverlusten und Eigenkapitalschwund erschütterten, einstmals so stolzen Flaggschiffs unter den Landesbanken berufen wurde. Die Ausgangslage für den früheren Deutsch-Banker war insofern günstig, als es mit der WestLB praktisch nur aufwärts gehen konnte. Die Zwischenbilanz nun kann sich sehen lassen: Bilanz bereinigt, nicht- strategische Firmenbeteiligungen abgebaut, Eigentümerstruktur stabilisiert, mit einem neu eingerichteten regionalen Reservefonds nach Wegfall der Staatsgarantien das Rating in der A-Kategorie befestigt. Und auch die milliardenschwere Rekapitalisierung der WestLB scheint so sind jedenfalls Signale von gestern aus Brüssel zu deuten auf gutem Weg zu sein. Allerdings ist der jahrelange Beihilfestreit mit der EU-Kommission vollends erst mit der Bestätigung aus Brüssel vom Tisch, dass die Pläne zur Wiedereinlage von knapp 1 Mrd. Euro durch das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) wettbewerbsrechtlich tatsächlich unbedenklich sind.
Die ausstehende Kapitalerhöhung hindert Fischer freilich keineswegs daran, am Geschäftsmodell der WestLB zu feilen ausgehend von der Überzeugung, dass es künftig nicht genug Platz gibt für elf Landesbanken. Die Kooperation mit der Nord/LB bei der Abwicklung fauler Kredite, die Beteiligung an der HSH Nordbank, die Zusammenarbeit und der mögliche Einstieg bei der SachsenLB Zielrichtungen für eine Konsolidierung lassen sich aus WestLB-Sicht erahnen. Doch dass im Sparkassenlager nicht alles und vieles auch nicht schnell (genug) geht, haben Vorstöße für eine vertikale Integration und eine Direktbank in NRW gezeigt. Und andere Landesbanken verfolgen ihre eigenen Interessen. Damit muss Fischer sich arrangieren.
(Börsen-Zeitung, 14.10.2005)
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