Börsen-Zeitung: Profumo schreibt Geschichte, Kommentar von Michael Flämig zur weitgehend erfolgreichen Übernahme der HypoVereinsbank durch Unicredit
Frankfurt (ots)
Unicredit-Chef Alessandro Profumo hat es geschafft. Die Übernahme der HypoVereinsbank (HVB) ist weitgehend in trockenen Tüchern. Die Mindestannahmequote von 65% kann als überwunden gelten. Damit müssen die Italiener nur noch einen Formalien-Dschungel durchdringen, um auch juristisch zu ihrem Ziel zu gelangen. Die künftige Unicredit wird ein europäischer Gigant, der in der Mitte und im Osten des Kontinents vielerorts eine führende Rolle spielt. Profumo schreibt mit der Übernahme Bankgeschichte.
Die Mehrheit der HVB-Aktionäre hat die Freiheit des Aktientausches richtig interpretiert: als Einsicht in die Notwendigkeit. Zum gegenwärtigen Stand des Verfahrens durfte eigentlich niemand mehr dem Projekt das Scheitern wünschen. Profumos Misserfolg hätte eine riesige Wertvernichtung bei der HVB ausgelöst. Nicht aus wirtschaftlichen Gründen: Denn die Bankkonjunktur läuft so stabil, dass die HVB-Spitze sich nach Überzeugung Frankfurter Bankenkreise aus heutiger Sicht nicht mehr für Unicredit entschieden hätte. Aber die halbe HVB-Führungsspitze hätte den Hut nehmen müssen, das Institut wäre in strategische Agonie verfallen und der Aktienkurs abgestürzt.
Der jetzige Erfolg täuscht nicht darüber hinweg: Die Übernahme entwickelte sich für Unicredit zu einem Feuerwehrjob. An allen Ecken und Enden müssen Brände gelöscht werden. Behörden verweigern in Polen und Kroatien ihre Zustimmung, Management sowie Miteigentümer der BA-CA kämpfen zäh um künftigen Einfluss, und die Investoren befürchten die Entstehung eines Flickenteppichs einflussreicher Einzelinstitute.
Die Aufregung angesichts der Brände verwundert allerdings. Ein Zusammenschluss dieser Größenordnung ist immer ein Spiel mit dem Feuer. Dementsprechend wird das Projekt regelmäßig einzelne Flecken mit verbrannter Erde hinterlassen. Dies konnte jedermann vorher wissen. Entscheidend für den Erfolg der Integration ist vielmehr die Fähigkeit der Italiener, die Brandherde frühzeitig zu identifizieren und den Zugang zu den Problempunkten zu erhalten.
Aus diesem Blickwinkel ist die Mindestannahmewelle nur eine Zwischenstation. Erst mit mehr als 75% der Anteile erhält das Unicredit-Management ausreichend Einfluss in München, um schnell vor Ort sein zu können, wenn aus seiner Sicht der Notfall eintritt.
(Börsen-Zeitung, 15.10.2005)
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