Börsen-Zeitung: Ende der Debatte, Kommentar von Michael Flämig zum Quartalsergebnis der HypoVereinsbank
Frankfurt (ots)
Die Flucht von Vorstandsmitgliedern aus der Verantwortung und in die hoch bezahlte Freizeit ist derzeit das dominierende Thema bei der HypoVereinsbank (HVB). Dies hat auch die gestrige außerordentliche Aufsichtsratssitzung gezeigt. Diese Wahrnehmung ist berechtigt, schließlich passiert es nicht alle Tage, dass ein übernommenes Unternehmen so spektakulär praktisch seine gesamte operative Führung verliert. Mit dem Rücktritt des Investmentbankers Stefan Jentzsch ist zudem die Furcht verbunden, dass Deals abwandern könnten.
Doch letztlich bestimmen nicht Personalien, sondern Zahlen die Gewinn- und Verlustrechnung jeder Firma. Insofern verdient der HVB- Quartalsabschluss Beachtung. Wenige Tage vor der rechtswirksamen Übernahme durch Unicredit am 18. November bietet er vor allem Gegnern, aber auch Befürwortern der Verbindung neue Munition für Argumentationsgefechte.
Seht her, können die Befürworter sagen, wir haben es immer gewusst: die HypoVereinsbank ist ein Fass ohne Boden. Trotz milliardenschwerer Sonderwertberichtigungen in der Vergangenheit muss das Management nun erneut in die Kasse greifen, um Immobilienengagements zu retten. Was ist von einer Bank zu halten, die 210 Mill. Euro für den Immobilienfonds einer Tochter aufwenden muss? Sie sei zumindest ein unsicherer Kantonist, argumentieren die Befürworter der Fusion hinter vorgehaltener Hand, unhörbar für italienische Ohren. Die Quartalszahlen zeigten: Bei einem weiteren Schwächeanfall am Immobilienmarkt würde die Bank wohl selbst einknicken.
Alles Quatsch, lautet die Replik der Gegner. Die Bank habe nun die letzten Probleme bewältigt und komme richtig in Schwung. Schaut doch mal auf die Seite 5 des Quartalsberichts! Der verdreifachte Gewinn zeige, dass die HVB am Bankschalter gut Geld verdiene. Zu Recht hätten die Investoren am Donnerstag die Aktie mit weitem Abstand an die Dax-Spitze gesetzt. Wenn nun die Wirtschaft den konjunkturellen Frühindikatoren folge und nach oben ziehe, werde das Geschäft erst recht brummen. Die Quartalszahlen zeigten: Die Eigenständigkeit wurde genau im falschen Moment aufgegeben.
Die Debatte von Befürwortern und Gegnern mag intellektuell herausfordern und intern bedeutsam sein. De facto ist sie anachronistisch. Unicredit und HVB müssen nun gemeinsam Werte schaffen.
(Börsen-Zeitung, 11.11.2005)
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