Börsen-Zeitung: Strategie mit Verfallsdatum, Kommentar von Bernd Wittkowski zu den Umstrukturierungsplänen bei der Allianz-Tochter Dresdner Bank
Frankfurt (ots)
Verstehe einer die deutschen Großbanken im Allgemeinen und die Dresdner Bank im Besonderen! Klar, der rasante Wandel der Märkte und das ebenfalls nicht stillstehende Wettbewerbsumfeld erfordern die ständige flexible Anpassung von Strategien und Strukturen. Die Bank darf nicht zur Ruhe kommen nach diesem Motto hatte Rolf Breuer der Deutschen Bank schöpferische Unruhe als Dauerzustand verordnet. Dagegen ist im Prinzip nichts zu sagen. Doch ein wenig klare Linie darf schon sein. Was sich seit einiger Zeit namentlich bei der Dresdner abspielt, hat indes mit klarer Linie und schöpferischer Unruhe wenig zu tun. Jedenfalls vermögen Kunden, Mitarbeiter und das Publikum kaum zu erkennen, wie das strategische Tohuwabohu letztlich konstruktive Wirkung zeitigen soll.
2001, unter Bernd Fahrholz, hatte die grüne Bank aus zwei mach eins mit viel Getöse den Bereich Corporates & Markets geschaffen und schlüssig dargelegt, warum das so sein müsse. Eher geräuschlos ging der Salto rückwärts vonstatten: 2003 standen wieder aus eins mach zwei Corporate Banking und Dresdner Kleinwort Wasserstein im Tableau. Verfallsdatum: 24. November 2005. Dann wird aus zwei mach eins die neuerliche Zusammenführung von Firmenkundengeschäft und Investment Banking beschlossen. Man wird es schlüssig zu begründen wissen. Und wetten, dass das nicht die letzte Wende bleibt? 2004 hatte die zweitgrößte deutsche Bank aus eins mach zwei das Segment Private Kunden und Geschäftskunden aufgeteilt in Personal Banking und Private & Business Banking. Schon pfeifen es die Spatzen rund um den Frankfurter Jürgen-Ponto- Platz von den Dächern, dass auch hier bevorsteht, was im Beraterdeutsch Reintegration heißt aus zwei mach eins. Kleiner Tipp: Neben Stefan Jentzsch wäre auch Christine Licci gerade frei.
Okay, okay: Dieses Strafmaß wäre zu hoch. Eigentlich verdient die Dresdner ja Mitleid, weil die Unruhe als Folge von so permanent wie penetrant kolportierten Gerüchten zur Hälfte von interessierter Seite (intern wie extern) verursacht wird. Aber die andere Hälfte geht auf das Konto der Bank selbst und ihres Alleinaktionärs. Und wer die Strategie ähnlich oft wechselt wie das Hemd, muss sich eben nicht wundern, wenn keine besseren Zahlen herauskommen als jene, die am Freitag vorgelegt wurden.
(Börsen-Zeitung, 12.11.2005)
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