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Börsen-Zeitung: Explosive Familienkonzerne, Kommentar zum Chefwechsel bei Merck von Sabine Wadewitz

Frankfurt (ots)

Familienunternehmen gelten als besonders
erfolgreiche und gut kontrollierte Firmen. Das Management muss in der
Regel in den Ausschüssen der Gesellschafter überzeugender
Rechenschaft ablegen als im Aufsichtsrat. Dies sorgt für Solidität im
Geschäft. Außenstehende Aktionäre profitieren von diesem
Führungsprinzip. Der Preis dafür ist jedoch die emotionale
Unberechenbarkeit von Familieneignern. Persönliche Befindlichkeiten
fern von Kapitalmarktinteressen bergen für die nicht zum Insiderkreis
zählenden Anteilseigner stattliche Risiken. Dazu kommt oftmals eine
mehr als dürftige Transparenz.
Zerstrittene Erben, neue unternehmerische Interessen oder
schlichtweg ein luxuriöser Lebenswandel sind Szenarien, die außerhalb
des harten Kerns schwer einzuschätzen sind. Somit kommt es nicht
selten zu überraschenden Wendungen – gerade leidvoll zu erfahren bei
Merck, wo Knall auf Fall der Chef abgesetzt wurde. Entsprechend
negative Erfahrungen mussten die Anteilseigner des Darmstädter
Kosmetikkonzerns Wella machen, als eine zerstrittene Familie ein
äußerst profitables Unternehmen mit führender Marktposition über
Nacht versilberte. Auch dort war zuvor der Chef von einer Minute zur
anderen vor die Tür gesetzt worden – übrigens mit Peter Zühlsdorff
der amtierende Aufsichtsratsvorsitzende von Merck, der allerdings bei
Personalien nichts zu sagen hat. Ohne Vorwarnung vor die Tür gesetzt
wurde jüngst auch der Ratiopharm- Chef. Bei der Generikafirma
übernimmt nun wieder ein Vertreter der Eigentümerfamilie Merckle das
Ruder. Durch Wechselbäder werden in diesen Wochen zudem die
Altana-Aktionäre geschickt. Das Unternehmen geht mit der Abspaltung
der Chemie und der Partner- oder Käufersuche für die Pharma einen
Weg, der wohl dem Portfoliomanager der Großaktionärin schlüssig
scheinen mag, nicht aber zwangsläufig den externen Investoren.
Bei Merck ist die Verunsicherung nach der explosiven Meldung groß,
zumal die Familie keine Gründe nennt und nicht klar ist, weshalb kein
geordneter Rückzug möglich war. Fast 1 Mrd. Euro Marktwert büßte der
MDax-Wert anfangs ein, 685 Mill. waren es am Ende des Tages. Der
geschasste Firmenchef Bernhard Scheuble stand für eine erfolgreiche
Strategie und genoss Ansehen im Kapitalmarkt. Dieses Vertrauen muss
nun erst wieder mühsam aufgebaut werden.

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